TONSPUR (folgt) | HÄNGUNG
Die Welt durch die Augen der Kinder sehen – so sagt das geflügelte Wort.
Und tatsächlich liegt in den Zeichnungen von Kindern etwas ganz Besonderes und Unmittelbares. Dem berühmten Künstler Pablo Picasso wird zugeschrieben, gesagt zu haben: “It took me four years to paint like Raphael, but a lifetime to paint like a child.”
Nicht nur die künstlerische Unmittelbarkeit der Kinderzeichnungen steht für sich. Auch die Beobachtungsgabe, die Aufmerksamkeit für das Rundherum zeichnen das Schaffen der Kinder aus.
Kinder kommen über ihre Neugierde, ihren Forscherdrang, ihre Aufmerksamkeit in Kontakt mit der Welt. Die Natur ist ein idealer Raum dafür. Oft sind es gerade die Insekten, die den Kindern auffallen. Der Kontakt zur Natur wiederum ist wichtig und fördert die Entwicklung von Kindern. Ohne Bezug dazu lässt sich die Welt, lässt sich das Leben nicht verstehen. Denn sie ist die lebendige Grundlage unseres Planeten.
Ohne (Bezug zu) unserer lebendigen Umwelt lässt es sich weder für Kinder noch für Erwachsene gut leben. Eine gute Beziehung nimmt schon im Verhältnis zu unseren kleinen Mitlebewesen – den Insekten – an. Sobald die Kinder mehr darüber erfahren und begreifen, dass es sich um eigenständige Lebewesen handelt, gehen sie achtsamer damit um. Erste Impulse, auf Käfer draufzusteigen, werden so zu einem Bewusstsein dafür, was die Tiere tun und welche Aufgaben sie im Großen und Ganzen haben.
Die Kinder der 2B der Volksschule Prießnitzgasse I. haben für unsere Ausstellung zum Thema „Die Welt der Insekten“ gezeichnet. Wir staunen und freuen uns sehr über die Vielfalt, die Kreativität und die Beobachtungsgabe, die in den Bildern zum Ausdruck kommt. Die Zeichnungen zeigen: jedes Kind nimmt die Natur unterschiedlich wahr, beobachtet auf seine / ihre ganz eigene Weise.
Die Künstlerin Gerti Hopf hat Insekten aus Keramik oder Upcycling als „Pflückskulpturen“ auf Totholz dargeboten. Sie schreibt:
Bau dir dein Nest
Du selbst, der du lebst in dieser Stadt, bist der Baustein für dein kleines Nest.
Ein Nestchen Natur, dass du den Samen des Waldes entnommen, auf deinem kleinen Balkon oder Blumenkästchen sprießen lässt, wird dein Herz erfreuen und immer wieder für dich blühen.
Du selbst, bist der Träger dieses elementaren Gleichgewichtes in dieser Stadt.
Durch dein Grün erwachen Getier und Insekten, die alles Leben in einen Einklang bringen.
Gerti Hopf
Der Künstler Jeremias Altmann hat sich in seinem Gemälde im Eingangsbereich zur Ausstellung mit einer seiner Kinderzeichnungen auseinandergesetzt und sie künstlerisch in seinem Gemälde „Larva“ (2021) neu interpretiert.
In meiner Serie YOUNG PROPHECIES interpretiere ich meine eigenen Kinderzeichnungen zu neuen Malereien und Objekten. Dieser transformative Prozess verleiht einzelnen Figuren aus den Kinderzeichnungen fortlaufend mehr und mehr Persönlichkeit. Ohne das Mysterium über die Bedeutung und Herkunft dieser Wesen je ganz auflösen zu können, erschließe ich mit dieser Werkserie einen ganz speziellen Freiraum zwischen dem ungezwungenen Schöpfergeist meiner frühen Kindheit und meiner künstlerischen Fähigkeiten als Erwachsener.
Jeremias Altmann
Auch wir Erwachsene staunen, wenn uns tolle Naturfotografen wie die beiden hier ausgestellten unzählige Tiere von Angesicht in eindrucksvollen Bildern erleben lassen. Es ist nicht nur: Eine Spinne. Ein Igel. Ein Kugelspringer. Eine Libelle. In der Begegnung werden sie spürbar – als Mitlebewesen wie wir.
Reflexionsfrage
Die Welt wieder wie ein Kind sehen? Vielleicht wäre es für uns Erwachsene gut, die Welt – und auch die Natur – wieder mehr mit dem Interesse und der Neugier von Kindern wahrzunehmen. Wann hast du dir das letzte Mal Zeit genommen, um zu beobachten und zu entdecken?
Text: René Hartinger; Tonspur: Barbara Mithlinger