Auf Einladung des Ökosozialen Forums und Volkswirtschaftlicher Gesellschaft referierte Prof. Christoph Badelt, Präsident des Fiskalrates und Produktivitätsrates über Handlungsoptionen und Lösungsansätze aus Sicht der ökosozialen Marktwirtschaft.
In seinen Grußworten betonte Landesrat Sebastian Schuschnig, dass die Politik den Auftrag hat, sowohl die drohende Klimakrise als auch die steigenden Schuldenstände für künftige Generationen in Grenzen zu halten. „Energiewende, Wärmewende, Mobilitätswende sind die Herausforderungen unserer Zeit. Wir müssen diese Investitionen tätigen, wir können gar nicht anders.“ so Schuschnig, denn die Auswirkungen der Klimakrise und auch die daraus entstehenden Kosten für das Land in Folge von Unwettern waren heuer deutlich zu spüren. Dazu kämen künftige Strafzahlungen aufgrund verfehlter Klimaziele, welche die zukünftigen Generationen belasten würden, wenn jetzt nicht´s für die Energie- und Klimawende getan werde.
Der Präsident des Ökosozialen Forums Kärnten, Bernhard Rebernig betonte in seinen Ausführungen, dass die Diskussion rund um die Energiewende in Kärnten von viel Angst geprägt sei. Angst, die Böden zu versiegeln, die Landschaft zu verschandeln und die Natur zu zerstören. „Die Bedenken des Naturschutzes sind ernst zu nehmen, aber Angst ist angesichts der gewaltigen Herausforderung die der Klimawandel darstellt, ein schlechter Ratgeber!“ so Rebernig. Die einzige Angst die man haben müsse ist die, dass man sei auf die Frage unserer Kinder und Enkelkinder warum man nicht mehr gegen den Klimawandel getan hätte, antworten müsste, dass einem Windräder und Photovoltaikflächen nicht gefallen hätten. Vor diesem Hintergrund spricht sich das Ökosoziale Forum für mehr Tempo bei der Energiewende aus und fordert, dass bei Projektgenehmigungen der Klimaschutz in der Interessensabwägung gegenüber dem Naturschutz stärker berücksichtigt werden muss.
In seinen Ausführungen hob Prof. Dr. Badelt – der auch die Leitung des wissenschaftlichen Beirates des Ökosozialen Forums innehat – hervor, dass letztendlich alle Herausforderungen denen sich die Politik und Gesellschaft stellen müssen, drei Dimensionen haben die es bei der Problemlösung zu berücksichtigen gilt: Ökonomie, Ökologie und Soziales. Die Balance zwischen diesen drei Bereichen zu finden, ist das Anliegen der ökosozialen Marktwirtschaft. Das gilt auch für die Inflation und die Klimakrise. „Damit ist die Ökosoziale Marktwirtschaft aktueller denn je!“ so Badelt.
Inflation
Zu Beginn der Teuerungswelle waren die COVID-bedingten Lieferketten-Probleme und ab Kriegsbeginn die sprunghaft ansteigenden Energiepreise die großen Inflationstreiber. Lebensmittelpreise nehmen gegenüber Dienstleistungen stärker ab und zählen nicht mehr zu den Haupttreibern Inflation. Aktuell sind daher vor allem die Dienstleistungen – und damit v.a. höhere Löhne – relevant für die Inflation.
Die Prognose für Gesamtinflation für 2023 liegt bei 7,4%. Aber Inflationsraten sind für Menschen in unterschiedlichen Einkommensgruppen, unterschiedlich hoch – der Warenkorb der dafür herangezogen wird, ist nicht für jeden Bürger gleichermaßen relevant. Eine Steigerung der Energiepreise trifft Bürgern mit geringeren Einkommen auf Grund des geringeren Energieverbrauchs wesentlich weniger als zum Beispiel eine Zunahme von Lebensmittelpreisen. Eine Streichung der Mehrwertsteuer auf Grundnahrungsmittel sieht der Badelt skeptisch: „Das ist die undifferenzierte Gießkanne, die viel Geld kostet und nie wieder abgeschafft wird“ so der Präsident des Fiskalrates der sich für eine zielgerichtete Unterstützung jener Bevölkerungsgruppen ausspricht, die am stärksten betroffen sind, z.B. durch eine Anhebung der Mindestsicherung. Direkte Preiseingriffe, zum Beispiel in die Energiemärkte, müssten mit einer hohen Subventionierung der betroffenen Unternehmen erkauft werden.
Klimakrise
Im Jahr 2022 wurde in Österreich erstmals eine Senkung der Treibhausgasemissionen verzeichnet, die nicht auf dem Rückgang des BIP-Wachstums zurückzuführen war. Das zeige laut Badelt, dass die von der Bundesregierung gesetzten Maßnahmen wirken. Das könne aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Österreich bei den Treibhausgas-Emissionen im Vergleich zu Deutschland, Skandinavien oder den Benelux-Staaten wesentlich weniger Treibhausgase eingespart hat. „Da können wir uns nichts vormachen. Wir haben Handlungsbedarf, einen hohen sogar!“ resümiert Badelt, der darauf hinweist, dass Österreich weit von den selbst gesteckten Zielen entfernt ist.
Bundesregierung und Nationalrat sollten daher zügig die gesetzlichen Grundlagen zur Erreichung der nationalen und europäischen Klimaziele bis 2030 schaffen, lautet die Empfehlung des Experten. Die Zielsetzungen von Gesetzesmaterien, wie dem Umweltförderungsgesetz, dem Klimaschutzgesetz, dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, dem Erneuerbare-Wärme-Gesetz, dem Erneuerbares-Gas-Gesetz, dem Erneuerbaren-Ausbau-Beschleunigungsgesetz oder dem neuen Bundes-Energieeffizienzgesetz 2023 gehen in diese Richtung.
Darüber hinaus plädiert Badelt für eine Beschleunigung des Ausbaus erneuerbarer Energiequellen und der Netz-Infrastruktur für Elektrizität sowie zur Speicherung und Übertragung grüner Energieträger. Bund, Länder und Gemeinden sollten durch zielgerichtete ordnungsrechtliche Maßnahmen und ihr eigenes Verhalten zügig der Bodenerosion und Flächenversiegelung begegnen und dabei auch Maßnahmen in Betracht ziehen, die die CO2-Aufnahme der Böden erhöhen.
Eine Maßnahme die auf Grund der schwächelnden Bauwirtschaft und der hohen Treibhausgasemissionen im Gebäudesektor sehr wirksam wäre: „Ein Holzbau- und Sanierungsoffensive wären ein klassisches und aus meiner Sicht hochvernünftiges Beispiel, um umwelt- und Wirtschaftswachstum zusammenzubringen!“ so Badelt.