Veranstaltungsnachlese – CO2-Preis und Ökosoziale Steuerreform

Allgemein Nachlese

Am 23. Februar 2022 luden die Volkswirtschaftliche Gesellschaft Kärnten und das Ökosoziale Forum Kärnten zu einer Online-Diskussionsveranstaltung über kürzlich beschlossene Ökosoziale Steuerreform sowie die mit 1.7.2022 startende nationale CO2-Bepreisung. Ing. Mag. Herwig Draxler, Geschäftsführer der Volkswirtschaftlichen Gesellschaft Kärnten, hält in seinen einleitenden Worten fest, dass ein zentrales Ziel einer jeden Steuerreformen ein besseres Wirtschaften im Sinne der gesamtgesellschaftlichen Wohlstandsentwicklung sein soll. DI Mag. Bernhard Rebernig, Präsident des Ökosozialen Forum Kärnten, hebt hervor, dass wir das Marktversagen im Bereich der CO2-Emisisonen anerkennen und daher einen guten Rahmen für Umwelt- und Klimaschutz schaffen müssen, welcher die Marktkräfte in die richtige Richtung lenkt. Schweden, welches bereits vor rund 30 Jahren eine CO2-Bepreisung eingeführt hat, zeigt, dass es möglich ist, gleichzeitig Wohlstand zu schaffen und das Klima zu schützen. Weiters verdeutlicht die aktuelle Energiepreissituation wie abhängig wir von fossilen Energieträgern aus Drittsaaten sind und wie wichtig daher ein rascher Ausbau der Erneuerbaren Energien ist, um von geopolitischen Schocks unabhängig zu werden und uns aus der Klammer fossiler Energieträger zu befreien.

Gut gemacht, kann eine Ökosoziale Steuerreform kann beides – Wohlstand schaffen und das Klima schützen!“ – DI Mag. Bernhard Rebernig

Mag. (FH) Michael Krammer, Gruppenleiter für Steuerpolitik im Finanzministerium, gibt einen Überblick über die Entlastungsmaßnahmen im Rahmen der Ökosoziale Steuerreform, welche das größte Entlastungspaket in der 2. Republik darstellt. Bis inklusive 2025 wird von einem Entlastungsvolumen in der Höhe von 18 Mrd. € und einer damit einhergehenden deutlichen Steigerung der Wertschöpfung und Beschäftigung in Österreich ausgegangen. Das Entlastungspaket sieht für den Bereich Arbeit und Pension eine Senkung der zweiten und dritten Tarifstufe Lohn- und Einkommensteuer von 35% auf 30% sowie von 42% auf 40%, die Erhöhung des Familienbonus inklusive Schaffung eines Regionalen Klimabonus für Kinder, SV-Rückerstattung und SV-Bonus für Geringverdiener sowie die Attraktivierung der Mitarbeitergewinnbeteiligung vor. Im Bereich Wirtschaft sind eine schrittweise Senkung der Körperschaftssteuer auf 23% und somit Annäherung an den EU-Durchschnitt von 21%, die Anhebung der Obergrenzen für geringwertige Wirtschaftsgüter, die Befreiung von der Eigenstromsteuer, Erhöhung des Gewinnfreibetrags sowie Einführung eines (ökologischen) Investitionsfreibetrags vorgesehen. Der Bereich Land- und Forstwirtschaft soll durch die Senkung der Krankenversicherungsbeiträge sowie durch das Investitionsprogramm „energieautarke Bauernhöfe“ entlastet werden. Zudem wird die CO2-Bepreisung, welche mit 1.7.2022 eingeführt wird, durch einen regionalen Klimabonus, Ausgleismaßnahmen für die Landwirtschaft wie der Agrardieselrückvergütung, Maßnahmen gegen Carbon Leakage sowie eine Härtefallregelung begleitet.

Mit einem Entlastungsvolumen in der Höhe von 18 Mrd. € stellt die Ökosoziale Steuerreform das größte Entlastungspaket in der 2. Republik dar.“ – Mag. (FH) Michael Krammer

Mag. Matthias Ofner, Abteilungsleiter für Gebühren und Verkehrssteuern im Finanzministerium, zeigt auf, dass bereit rund ein Drittel der EU-Mitgliedstaaten neben dem EU-weiten Emissionshandelssystem (ETS) eine nationale CO2-Bepreisung eingeführt haben. In Kärnten unterliegen 18 Anlagen dem EU-ETS-System, österreichweit sind es 200 Anlagen (betroffene Sektoren: Strom- und Wärmeerzeugung, energieintensive Industriezweige & gewerbliche Luftfahrt). Österreich hat sich gegen die Einführung eines starren CO2-Preises und für die Einführung einer CO2-Bepreisung in Form eines nationalen Emissionszertifikatehandels entschieden, da dieser eine ähnliche Funktionsweise wie das EU-ETS-System aufweist und auch Deutschland 2021 ein ähnliches nationales Zertifikatehandelssystem eingeführt hat. In Sektoren, welche nicht dem EU-ETS-System unterliegen, wird ab 1.7.2022 die Inverkehrbringung (Herstellung und Einfuhr) von fossilen Energieträgern (Benzin, Gasöl, Heizöl, Erdgas, Flüssiggas, Kohle & Kerosin) besteuert. Bei Benzin beispielweise wird von einer CO2-Emission von 2,38 kg/Liter ausgegangen, was bei einem CO2-Preis von 30 € pro Tonne CO2 zu einem rund 7 Cent höheren Benzinpreis führen wird. Nach einer Fixpreisphase, welche 2022 mit einem Preis von 30 € pro Tonne CO2 beginnt und 2025 mit einem Preis von 55 € pro Tonne CO2 endet, soll ab 2026 eine Marktphase umgesetzt werden, wo der freie Handel mit nationalen Emissionszertifikaten den CO2-Preis bestimmen wird. Zudem ist im Falle stark ändernder Energiepreise ein Preisstabilitätsmechanismus sowie eine umfassende Evaluierung der CO2-Bepreisung bis Ende 2024 vorgesehen. Insgesamt ist davon auszugehen, dass die CO2-Bepreisung zu einer jährlichen Reduktion der nationalen Treibhausgasemissionen von 1,5 Millionen Tollen CO2-Äquivalent führen wird, was rund zwei Drittel des jährlichen nationalen Reduktionsziels bis 2030 entspricht.

Mit der Schaffung eines nationalen Emissionszertifikatehandels verfolgen wir das Ziel, dass der Markt regelt wo und wie CO2 am effizientesten eingespart wird.“ – Mag. Matthias Ofner

Klimabonus: Auswirkungen auf Kärnten

Zur Kompensation der finanziellen Mehrbelastungen und Vermeidung von Härtefällen aufgrund der CO2-Bepreisung ist ein regionaler Klimabonus vorgesehen, welche pro Person zwischen 100 und 200 € pro Jahr beträgt. In Kärnten ist für die Gemeinde Klagenfurt ein Klimabonus von 133 € vorgesehen, für 14 Gemeinden mit regionalen Ballungszentren wie beispielsweise Wolfsberg, Althofen oder Spittal an der Drau 167 € und für alle anderen Gemeinden 200 €.

Die Idee des Klimabonus ist es eine „Klima-Dividende“ an die Bevölkerung rückzuvergüten. Wer sich klimapositiv verhält, ist weniger stark von der CO2-Bepreisung betroffen und bekommt zusätzlich einen Klimabonus ausbezahlt.“ – Mag. Matthias Ofner

Prof. (FH) Dr. Christian Rainer, Senior Lecturer & Head of Research an der Lauder Business School, zeigt die die dringende Handlungsnotwendigkeit Österreichs in Sachen Emissionsreduktion auf. Während zwischen 1990 und 2017 die Treibhausgasemissionen im EU-Durchschnitt um 23,5% zurückgegangen sind, sind sie in Österreich um 4,9% gestiegen, wodurch Österreich derzeit kein Klimaschutz-Spitzenreiter ist, sondern vielmehr ein Schlusslicht darstellt. Ohne zusätzliche Maßnahmen, wie der CO2-Bepreisung im Rahmen der Ökosozialen Steuerreform, wären somit das nationale Ziel der Klimaneutralität bis 2040 nicht erreichbar. Dass Klimaschutz auch ökonomisch Sinn macht, unterstreicht Dr. Rainer mit wissenschaftlichen Daten, die zeigen, dass eine ambitionierte Klimapolitik nur 1% des Welt-BIPs an Kosten, aber 5% des Welt-BIPs an Nutzen erbringen und somit eine Rendite von rund 500% abwerfen würde. Mit den Worten „Der Klimawandel ist das größte Marktversagen, das die Welt je gesehen hat“ hat der britische Ökonom Nicolas Stern 2006 auf den Punkt gebracht, dass dem freien Markt ein regulierender Rahmen gegeben werden soll. Negativen Externalitäten, wie der Klimawandel treten auf, wenn aufgrund mangelnder Kostenwahrheit falsche Preissignale gesetzt werden, welche zu Überproduktion und Übernutzung natürlicher Ressourcen führen. Um dieses Dilemma zu lösen, muss das Verursacherprinzip umgesetzt werden. Ökonomen präferieren dabei die Einführung einer CO2-Steuer (fixer Preis und variable Menge) oder eines Emissionshandels (variable Preise und fixe Menge), da diese gegenüber Verbote und anderen Regulierungen technologieneutral und weitaus kosteneffizienter sind. Ziel dieser staatlichen Regulierungsmaßnahmen ist es eine Änderung des Konsum- und Nutzungsverhalten der Bevölkerung sowie des Investitions- und Innovationsverhalten von Unternehmen zu initiieren. Bezüglich der idealen Höhe einer CO2-Bepreisung gibt es in der Wissenschaft zwei Zugänge. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen müsste der CO2-Preis bei mindestens 60 € pro Tonne CO2 liegen, um alle negativen externen Kosten des CO2-Ausstoßes zu berücksichtigen müsste er hingegen mehrere 100 bis über 1.000 € pro Tonne CO2 betragen. Verbesserungspotenzial bei der ökosozialen Steuerreform sieht Dr. Rainer in einer ambitionierteren CO2-Bepreisung, um einen stärkeren Lenkungseffekt zu erreichen, in der Abschaffung umweltschädlicher Subventionen, welche in Österreich 4 bis 5 Mrd. € pro Jahr betragen, sowie in der investiven Verwendung der CO2-Steuereinnahmen für die Erreichung der Klimaneutralität anstelle der Verwendung im Rahmen der Sozialpolitik.

Der Klimawandel ist das größte Marktversagen, das die Welt je gesehen hat. Die Einführung eines CO2-Preies ist dringend notwendig.“ – Prof. (FH) Dr. Christian Rainer