Donnerstag 1. Februar 2024
HBLFA Raumberg Gumpenstein
Qualität trotz Teuerung: Grünland- und Viehwirtschaft vor schwierigem Spagat
Den Abschluss der 71. Wintertagung bildete am 1. Februar der Fachtag Grünland- und Viehwirtschaft an der HBLFA Raumberg-Gumpenstein. Herausforderungen wie Teuerung und Green Deal standen im Fokus der Veranstaltung. Insbesondere die Frage, wie Bäuerinnen und Bauern trotz Teuerung die hohe Qualität in der heimischen Produktion erhalten können, dominierte die Debatte. Innovation, Kommunikation und klare Voraussetzungen seien die Hebel, um diesen Spagat zu schaffen; darin waren sich die Anwesenden einig.
Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig sprach über die essenzielle Rolle der Grünland- und Viehwirtschaft: „Sie ist zentraler Bestandteil unserer heimischen Landwirtschaft sowie ein wichtiges Kulturgut. Die Bewirtschaftung von Wiesen und Almen leistet einen bedeutenden Mehrwert für die gesamte Gesellschaft. In Zeiten des Klimawandels, steigender gesellschaftlicher Anforderungen und eines steigenden Regulierungsdrucks seitens der EU-Ebene braucht es klare Zukunftsbilder, die ich mit dem Strategieprozesse ‚VISION 2028+‘ anstoßen werde. Nur mit realistischen Zielen können wir die Produktion durch unsere bäuerlichen Familienbetriebe sicherstellen und die einzigartige Kulturlandschaft erhalten!“
Für mehr Nachhaltigkeit steht Gesellschaft in der Pflicht
Die Bundesobfrau von Bio Austria, Barbara Riegler, zeigte sich erfreut über die stabile Nachfrage nach Bio-Produkten, trotz Teuerung: „Die Konsument:innen sind seit vielen Jahren verlässliche Partner:innen der Biobäuerinnen und Biobauern in Österreich. Auch in der schwierigen Zeit der Teuerung ist der Bio-Konsum im Gegensatz zu anderen Ländern stabil geblieben.“ Die Situation insgesamt sei trotzdem eine schwierige: „Die Zeiten für Bio-Betriebe sind herausfordernd, denn die Inflation hat zusammen mit niedrigen Erzeugerpreisen und laufend höherem bürokratischen Aufwand zu merklichen Mehrbelastungen auf den Höfen geführt.“ Die Bio-Austria-Obfrau stellte daher eine konkrete Forderung an die Agrarpolitik: „Unsere Mitgliedsbetriebe erwarten sich zu Recht, dass die Agrarpolitik hier Verantwortung übernimmt und Maßnahmen zur Entlastung setzt. Ich sehe es als Notwendigkeit – nicht zuletzt in Hinblick auf die Erreichung der Ziele eines kontinuierlichen Ausbaus der Bio-Landwirtschaft auf 35 Prozent bis 2030 –, im ÖPUL zusätzliche Anreize zu schaffen, den Bio-Absatz auch in der öffentlichen Beschaffung zu stärken und keine neuen Belastungen auf den Weg zu bringen, etwa durch eine Deregulierung des Gentechnik-Rechts.“
Vor allem wenn es um mehr Nachhaltigkeit in der Produktion gehe, brauche es ein Umdenken, nahm der Präsident der Landwirtschaftskammer Steiermark, Franz Titschenbacher, die Konsument:innen in die Pflicht: „Die österreichische Milch- und Fleischwirtschaft arbeitet nach höchsten Tierschutz- und Produktqualitätsauflagen in einem zunehmend herausfordernden wirtschaftlichen Umfeld. Die Forderungen der Gesellschaft nach mehr Nachhaltigkeit werden nur dann erfüllbar sein, wenn die Mehrkosten in der Produktion auch abgegolten werden.“
Bei der Diskussion rund um Strategien für hochwertige Lebensmittel in Zeiten der Inflation wurde aus dem Publikum der steigende bürokratische Aufwand für die Landwirt:innen kritisiert. Landwirtschaftsminister Totschnig wies darauf hin, dass die Landwirtschaft ein Teil der Gesellschaft sei und politische Steuerung in diesem Kontext stattfinde. Es müsse daher darum gehen, für sinnvolle und praxistaugliche Lösungen in den Regelungen, im Vollzug und der Dokumentation zu kämpfen. Hier sei Engagement auf jeder politischen Ebene gefordert. Die Hoffnung, dass der neue „Next Bio“-Standard die unterschiedlichen Markenprogramme der Handelsketten vereinheitlichen könnte, musste Bio-Austria-Chefin Rieglerzerstreuen. Der neue Standard sei für den deutschen Markt gedacht, der völlig anders als der österreichische aufgestellt sei. Eine Vereinfachung der Biokontrollen wäre zwar wünschenswert, sei aber derzeit nicht realistisch. Micaela Schantl, Leiterin der AMA-Marktforschung, beobachte eine Steigerung des Aktionsanteils bei Bioprodukten. Dies müsse aber nicht unbedingt negativ sein, wenn Aktionen mit Maß und Ziel eingesetzt werden. Es könnte auch eine Erklärung sein, warum der Biomarkt in Zeiten hoher Inflation in Österreich nicht so stark eingebrochen sei wie bei unseren deutschen Nachbarn. Eva Bakalli, Abteilungsleiter bei der Caritas Steiermark, brach eine Lanze für mehr Kooperation, um durch Essensspenden auch jenen Menschen eine qualitätsvolle Mahlzeit anbieten zu können, die am Ende eines Monats kein Geld mehr dafür hätten.
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