Dienstag, 1. Februar 2022 – 09:00 bis 11:15 Uhr
online
Beim Fachtagen Gemüse-, Obst- und Gartenbau stand die Wertschöpfungskette vom Feld bis zur Supermarktkasse im Zentrum der Debatte. Die Expertinnen und Experten sprachen über „Entwicklungen in der Branche – vor, während und nach der Pandemie“. Sie reflektierten regionale Lieferketten, Partnerschaften sowie Chancen und Hindernisse.
Der Präsident des Ökosozialen Forums, Stephan Pernkopf, nannte internationale Konflikte und die aktuellen Preisentwicklungen als zentrale Herausforderungen für den Acker- sowie Gemüse-, Obst- und Gartenbau: „Der Großhandelspreis bei Gas hat sich innerhalb eines Jahres versiebenfacht. Das hat in der Düngemittelherstellung zu Stilllegungen der Produktion geführt. Die Folge ist, dass durch den Nährstoffmangel am Feld die Erträge sinken, der Versorgungsgrad sinkt und global die Zahl jener Menschen steigt, die von Hunger betroffen sind. Daher muss man auch sagen: Wenn der Green Deal dazu führt, dass spürbar weniger Lebensmittel in Europa produziert werden, dann ist das der falsche Weg. Das führt zu mehr Abhängigkeit, mehr CO2-Ausstoß und höheren Preisen. Für mich ist klar: Ohne Herkunft keine Zukunft! Herkunft gibt Sicherheit. Nur dann weiß man, wie etwas produziert wird und ob es verfügbar ist.“
Konsens am Podium bestand darin, dass es neben der Regionalität auch einen stärkeren Fokus auf Saisonalität braucht. Dazu Carlos Steidl von gurkerl.at: „Für den Lebensmittelhandel sind Partnerschaften mit regionalen Betrieben enorm wichtig, um ein vielfältiges Sortiment aus der Region zu schaffen. Nur so können wir auch eine Zufriedenheit der Konsumentinnen und Konsumenten garantieren. Dabei darf man aber nicht vergessen, dass wir in Österreich Saisonen haben. Es braucht daher ein Umdenken, denn es muss nicht immer alles verfügbar sein.“
Der Generalsekretär der LK Österreich, Ferdinand Lembacher, betonte ebenfalls, dass Regionalität und Saisonalität untrennbar miteinander verbunden sind, es aber zu lösende Herausforderungen gibt: „Wir wurden darauf konditioniert, dass Warten unzumutbar ist. Die ständige Verfügbarkeit nimmt uns jedoch die Vorfreude auf saisonale Lebensmittel. Das wird verstärkt durch Angebote ausländischer Ware, die vor heimischer Ware erhältlich ist. Das ist nicht notwendig. Wir sollten den Menschen die Vorfreude wieder zurückgeben.“
Einen Ansatzpunkt für eine erfolgreiche Kommunikation der Saisonalität bot Christina Tönniges von der GfK Austria. „Wir müssen den Konsumentinnen und Konsumenten die Saisonalität erklären und zwar mit dem Hinweis auf die klimaschädlichen Wirkungen von Importware. Die Eigenverantwortung gegenüber der Umwelt ist momentan hoch. Diese Chance sollte man nutzen.“
Eine große Chance ist zudem die Kennzeichnungspflicht, die die Konsumentinnen und Konsumenten stärker in die Verantwortung nimmt, wie Ewald Mayr vom Verband der Obst- und Gemüseproduzenten Oberösterreich unterstrich: „Die Landwirtschaft hat mit der Regionalität eine große Chance. Der entscheidende Punkt wird aber die Kennzeichnungspflicht insbesondere bei verarbeiteten Lebensmitteln sein. Da werden einigen die Augen aufgehen. Daher darf man eines nicht vergessen: Jeder Griff ins Regal ist ein Produktionsauftrag.“
Josefine Sinkovits vom Bundesamt für Ernährungssicherheit stellte klar, dass „in Österreich Lebensmittel mit guter Qualität in den Regalen sind. Das gewährleistet Österreich mit entsprechenden Kontrollen. Teil dessen wird künftig das Kompetenzzentrum Lebensmittelkette sein, das derzeit aufgebaut wird. Der beste Kontrolleur sind jedoch die Konsumentinnen und Konsumenten mit ihren Sinnen. Sie entscheiden, zu welchem Produkt sie greifen.“