WT Sujetbild Grünland und Viehwirtschaft

Donnerstag, 3. Februar 2022 – 09:00 bis 11:15 Uhr
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Herausforderungen und Potenziale standen auch im Zentrum des Fachtags Grünland- und Viehwirtschaft. Ausgehend von Veränderungen am Markt und in der Politik diskutierten die Expertinnen und Experten, wie ein größerer Teil der Wertschöpfung auf den Höfen landet und welche Vorteile eine höhere Transparenz bringt. Sie stimmten weitgehend darin überein, dass eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung Verbraucherinnen und Verbrauchern den Kauf regionaler Produkte erleichtert, um die heimische Landwirtschaft zu unterstützen. Damit können die Bäuerinnen und Bauern ihren Aufgaben nachkommen und die Anforderungen erfüllen, die an sie gestellt werden. Die Beiträge in der Mediathek beleuchten zudem spezielle Herausforderungen wie die Klimabilanz sowie Möglichkeiten in der Züchtung, Anpassungen in der Bewirtschaftung und Ansätze für Änderungen bei der Eiweißversorgung. Der zweite Teil der Mediathek widmet sich Trends in der regionalen Vermarktung.

Der Präsident des Ökosozialen Forums, Stephan Pernkopf, unterstrich die Leistungen der Grünland- und Viehwirtschaft: „Unsere Bäuerinnen und Bauern stehen für saftige bunte Wiesen, hochwertiges Fleisch und einen attraktiven ländlichen Raum. Das wird oft vergessen und müssen wir künftig mehr ins Zentrum stellen. Der Kauf regionaler Produkte unterstützt die Bäuerinnen und Bauern und ermöglicht es ihnen, diesen Aufgaben nachzukommen. Daher sage ich ganz klar: ohne Herkunft keine Zukunft! Ohne Herkunft gibt es keine Sicherheit. Nur wenn ich weiß, wo etwas herkommt, weiß ich, wie es produziert wurde und ob es verfügbar ist. Und ich kann als Konsumentin und Konsument diese Form der Produktion gezielt fördern. Daher ist es umso wichtiger, dass der ländliche Raum und regionale Produkte Gewinner der Pandemie sind. Um das auch künftig aufrechtzuerhalten, braucht es eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung. Das ist ein Bürgerrecht.“

Der Leiter der „Sektion II: Landwirtschaft und ländliche Entwicklung“ im  Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT), Johannes Fankhauser, ging auf die ambitionierten Ziele der EU-Kommission im Green Deal ein, bei denen Österreich bereits viele Vorleistungen erbracht hat. „Die Richtung des Green Deals stimmt, aber die Auswirkungen der Ziele wären steigende Importe aufgrund sinkender Erträge und damit mehr Abhängigkeit. Das belegen aktuelle Studien. Und das sollten wir jedenfalls vermeiden. Auch Handelsabkommen sind per se positiv zu sehen, weil Österreich eine hohe Qualität bieten kann, die hohe Preise erzielt. Wichtig ist: Handelsabkommen bedeuten nicht automatisch, dass es Freihandelsabkommen sind, es braucht bestimmte Bedingungen. Dazu zählt, dass Importe die heimischen Standards erfüllen.“  „Österreich hat mit dem GAP-Strategieplan ein umfangreiches Paket mit 100 sehr unterschiedlichen Maßnahmen vorgelegt. Insgesamt haben wir mehr Volumen und Geld zur Verfügung, etwa für eine direkte Unterstützung der Landwirtschaft insbesondere im Flächenbereich. Wir haben insgesamt dafür gesorgt, dass für den Bereich Grünland- und Viehwirtschaft mehr Geld zur Verfügung steht und mehr Leistungszahlungen abgeholt werden können. Wir haben das ÖPUL massiv ausgebaut, nämlich um 25 Prozent. Bei den benachteiligten Gebieten haben wir die Möglichkeit geschaffen, kleinere Betriebe besser zu unterstützen. Daher mein Appell an alle: Wir müssen über die Leistungen, die die Landwirtschaft erbringt, und die Wertigkeit mehr kommunizieren sowie die Vielfalt unterstützen und kompromisslos zulassen“, so Johannes Fankhauser.

Michaela Kaniber, Bayerische Staatsministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, ging in ihrem Vortrag auf einen Aspekt des Spannungsfelds zwischen regionaler Versorgung und globalen Märkten ein: „Mit dem Green Deal hat die EU ein äußerst ambitioniertes Maßnahmenbündel vorgestellt. Es betrifft alle Wirtschaftsbereiche und verlangt enorme Anpassungen. Der Klimaschutz gehört zu den dringlichsten Aufgaben unserer Zeit. Daher unterstützen wir diese Strategien grundsätzlich. Entscheidend ist aber, wie die Ziele umgesetzt werden. Insbesondere für die Landwirtschaft bedeutet der Zielkonflikt Klimaschutz, Ernährungssicherung und Erhalt der biologischen Vielfalt eine unglaubliche Anstrengung. Daher ist es wichtig, die gesamte Wertschöpfungskette in den Blick zu nehmen. Es darf nicht passieren, dass bayerische Land und Forstwirte sowie die vor- und nachgelagerten Bereiche geschädigt werden. Die EU muss den Ernährungssektor als das begreifen, was er ist: Er dient der Grundversorgung mit Lebensmitteln und ist damit mindestens genauso wichtig wie der Energiesektor. Die Erhaltung der Ernährungssouveränität muss unser Ziel bleiben.“  Zur Farm-to-Fork-Strategie hielt Michaela Kaniber fest, dass Bayern das Ziel regionaler Wertschöpfungsketten unterstützt: „Ein wichtiger Beitrag dazu ist jedoch die Herkunftskennzeichnung, damit die regionale Landwirtschaft unterstützt wird. Zudem braucht es einen Schutz vor Lebensmitteln, die nicht unseren Standards entsprechen. Das müssen wir ändern, dann kann „Zukunft dank Herkunft“ Wirklichkeit werden. Europäische Regelungen sind also wichtig und haben ihre Berechtigung, sie müssen aber klug ineinandergreifen und dürfen keine negativen Folgen haben. Die land- und forstwirtschaftlichen Betriebe dürfen keinesfalls überfordert werden. Dafür sollten wir – Österreich und Bayern – gemeinsam einstehen.“

 


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