Der Wert des Bodens hängt von seiner Nutzung ab. Die aktuellen Prioritätensetzungen sind jedoch kaum zukunftsfähig.
Unter den Objek tnummern 26017 und 26023 werden durch einen regionalen Immobilienmakler in Ostösterreich derzeit zwei Ackerflächen zum Kauf angeboten. Verkaufsargumente sind nicht landwirtschaftliche Eignung oder Pachterlöse, soviel verrät schon das Kennwort der Annonce „Bauhoffnungsland“. Für die 8,5 und 2,8 Hektar ist die „derzeitige Widmung Grünland“, an der Straße sind alle Anschlüsse vorhanden, auf der anderen Straßenseite befinden sich Einfamilienhäuser und die S-Bahn-Station ist höchstens fünf Gehminuten entfernt, also die „allerbeste Wertanlage“.
Boden hat einen Wert. Das ist gut. Problematisch ist jedoch, dass Boden derzeit vor allem dann finanziell an Wert gewinnt, wenn er versiegelt werden kann bzw. versiegelt wird – und damit ökologisch und landwirtschaftlich wertlos wird.
Unser steigender Lebensstandard verbraucht Boden. Gut lässt sich das an der Wohnfläche pro Kopf ablesen. Diese betrug in Österreich im Jahr 1971 noch 22 Quadratmeter. Heute hat sich dieser Wert verdoppelt. Von 2001 bis 2011 stieg die Zahl der Wohngebäude um rund zwölf Prozent. Die Bevölkerung wuchs im selben Zeitraum lediglich um 4,3 Prozent. Selbst wenn die Österreicherinnen und Österreicher zunehmend auf mehrgeschossige Wohnbauten setzen, nach wie vor befinden sich 45 Prozent der Wohnungen in Ein- und Zweifamilienhäusern.
Parallel dazu bewerten Handelsketten zunehmend Standorte „auf der grünen Wiese“, in Einkaufszentren am Stadtrand, als attraktiv. Damit verbunden wachsen auch die Verkehrsflächen, weil Einkäufe dort nicht im Vorbeigehen erledigt werden können. Die Flächeninanspruchnahme insgesamt – also Bau- sowie Verkehrsund Infrastrukturflächen – verzeichnen noch höhere Steigerungsraten als der Wohnbau. In den Jahren 2001 bis 2012 nahm die gesamte Flächeninanspruchnahme um 19 Prozent zu und liegt damit im Bereich des BIP-Zuwachses in diesem Zeitraum.
Boden ist begrenzt vorhanden und – in menschlichen Dimensionen gemessen – nicht erneuerbar. Denn die Prozesse der Bodenbildung sind langwierig und komplex. Unter unseren klimatischen Bedingungen braucht es zwischen 100 und 200 Jahre, bis eine Humusschicht von einem Zentimeter aufgebaut wird. Unsere Prioritäten im Umgang mit Boden spiegeln das noch nicht wider. Im Übrigen: Der Preis der Äcker ist in der Annonce nicht ausgewiesen. Und vielleicht wird irgendwann einmal, im Idealfall noch vor einer etwaigen Umwidmung, einer landwirtschaftlichen Nutzung die entsprechende Wertschätzung entgegengebracht.