Die Digitalisierung bringt vielfältige Veränderungen im Bildungs- und Gesundheitsbereich, für die Wirtschaft und Arbeitswelt, für Demokratie und Sicherheit sowie für das gesellschaftliche und zwischenmenschliche Miteinander. Begriffe wie Big Data, Robotik, Blockchain, künstliche Intelligenz, Internet of Things und Cloud Computing umschreiben neue Entwicklungen in diesem Transformationsprozess, dessen Möglichkeiten und Konsequenzen derzeit noch nicht abgeschätzt werden können. Daher ist es wichtig, dass die gesellschaftliche Gestaltung der Veränderungen und deren politische Rahmenbedingungen einen prozesshaften Charakter haben und laufend diskutiert werden.

Künstliche Intelligenz und Automatisierung ermöglichen völlig neue Produktionsverfahren und individualisierte Vertriebsmodelle. Potenziell kann dies zu einer weitgehenden Austauschbarkeit auch hochqualifizierter Arbeitskräfte führen. Diese Entwicklungen haben aber ebenso ein enormes Potenzial für eine Humanisierung der Arbeit, weil belastende monotone oder gefährliche Arbeiten von Maschinen ausgeführt werden können. Digitalisierung eröffnet darüber hinaus neue Möglichkeiten für gesellschaftlichen und technologischen Fortschritt: Diagnoseverfahren, bei denen Ärzte und Diagnosecomputer zusammenarbeiten, haben heute schon eine weit höhere Treffsicherheit als eine Diagnose durch Menschen.

Fragen der Datenhoheit kommt hierbei besondere Bedeutung zu, was einerseits rechtlicher Regelungen (für staatliche wie für privatwirtschaftliche Akteure) bedarf, andererseits aber auch eine verstärkte Sensibilisierung der Bevölkerung erfordert. Die Grenze zwischen öffentlich und privat verändert sich und wird aufgrund des technischen Fortschritts laufend justiert werden müssen. Dies sollte in demokratischen Aushandelsprozessen passieren, geht es doch angesichts immer besserer Vorhersagbarkeit von menschlichem Verhalten um einen Ausgleich zwischen effizienter hoheitlicher Verwaltung (auch: Sicherheit) und Schutz der Privatsphäre sowie zwischen wirtschaftlichen Interessen und Schutz der Privatheit. Dazu braucht es ein Bewusstsein der Menschen hinsichtlich der Möglichkeiten moderner Datenverarbeitung und ihrer persönlichen Rechte, andererseits auch Rahmenbedingungen, die es allen ermöglichen, zwischen verschiedenen Angeboten eine informierte und praktikable Entscheidung zu treffen. Dabei sind verschiedene Bildungseinrichtungen ebenso gefordert wie die Medien. Der digitale Umbruch ist als Lernprozess zu begreifen, den wir als Gesellschaft gestalten müssen.

Parallel dazu verkürzen sich Aufmerksamkeits- und Reaktionszeiten. Empfängerinnen und Empfänger von Informationen werden zunehmend gleichzeitig auch zu Senderinnen und Sendern. Außerdem potenzieren sich die zur Verfügung stehenden Informationen. Kommunikation spielt sich heute immer häufiger in sich selbst verstärkenden „Blasen“ ab. Gleichzeitig werden durch partizipative Kommunikationsstrukturen bisher als Autoritäten geltende Institutionen in ihrer Legitimität in Frage gestellt, weil für fast jede Information auch das genaue Gegenteil auffindbar ist. In dieser Beliebigkeit finden sich für Fake News mindestens genauso viele „Belege“ wie für empirisch belegte wissenschaftliche Erkenntnisse.

Populismus und Radikalisierung sind Zuspitzungen in der politischen Kommunikation, die ein Freund-Feind-Schema nutzen, um Zustimmung zu erlangen. Dass bei verschiedenen Forderungen Konsequenzen nicht offengelegt werden oder nicht auf Politikkohärenz geachtet wird, ist ein zusätzliches Problem, das einen informierten und demokratischen Austausch über die Ziele der Gesellschaft und Maßnahmen erschwert, mit denen diese Ziele erreicht werden können.

Komplexitätsreduktion ist bei einem Wettstreit der Ideen bis zu einem gewissen Grad notwendig – dennoch ist es wichtig, dass Diskurse nicht nur nebeneinander laufen, sondern miteinander in Bezug gesetzt werden. Gelebte Interdisziplinarität kann hier einen Beitrag zur Toleranz leisten, indem verschiedene Sichtweisen und Argumente offengelegt werden und dem politisch anders Denkenden nicht von vornherein jede Legitimität abgesprochen wird. Das Problembewusstsein über Kommunikationskanäle zu schärfen, Quellenkritik zu üben und die Partizipation in demokratischen Aushandelsprozessen frühzeitig zu vermitteln ist auch Aufgabe von Bildungseinrichtungen.