Generationengerechtigkeit ist ein schwieriger Begriff. Gerechtigkeit wird mit oder ohne Zusatz häufig als Kampfbegriff oder Totschlagargument verwendet. Messbar lässt sie sich nur schwer machen und wenn, gibt es sicher Einwände, welcher wichtige Aspekt vergessen wurde. Auch die Frage, was denn eine Generation ist, ist nicht einfach zu beantworten: Welche Alterskohorten gehören zur Generation der Babyboomer, zur Generation X, zur Generation Praktikum oder zu den Millennials?
Darüber hinaus lässt sich auch einwenden, ob denn nicht die sozialen Unterschiede innerhalb einer Generation größer sind als zwischen den Generationen. So beträgt beispielsweise der Unterschied in der Armutsgefährdung zwischen den Unter-18-Jährigen und den Über-65-Jährigen rund drei Prozentpunkte, jener zwischen den über 65-jährigen Frauen und den über 65-jährigen Männern rund 5 Prozentpunkte (und in globaler Perspektive sind die Unterschiede innerhalb einer Generation auch mit Zahlen kaum mehr fassbar).
Trotz dieser Probleme hat die Bertelsmann Stiftung versucht, Generationengerechtigkeit in alternden Gesellschaften messbar zu machen. Geleitet wird die Studie von der Frage: Leben die heutigen Erwachsenen auf Kosten der künftigen Generationen? Diese Frage ist mehr als berechtigt.
Nicht schlecht ist noch nicht gut
Die Ergebnisse stimmen für Österreich nicht uneingeschränkt optimistisch. Wir stehen zwar im internationalen Vergleich nicht schlecht da. Aber es gibt noch Potential nach oben. Österreich befindet sich laut diesem Befund im hinteren Mittelfeld der untersuchten Länder. Die Armutsraten sind im internationalen Vergleich recht niedrig, doch steigt die Armut der Unter-18-Jährigen. Die Staatsschulden bewerten die Forscher als moderat, doch ist jedes österreichische Kind im Schnitt mit über 150.000 Euro verschuldet. Auch ökologisch verhält sich Österreich in globaler Perspektive alles andere als nachhaltig – wenn alle Menschen so leben wie wir, bräuchten wir drei Planeten.
Ende der 1980er-Jahre definierte die Brundtland-Kommission Nachhaltigkeit folgendermaßen: Die Bedürfnisse der Gegenwart werden befriedigt, ohne die Chancen für künftige Generationen einzuschränken. Genau das schaffen wir derzeit nicht. Mit unserem aktuellen Lebensstil reduzieren wir die Chancen folgender Generationen erheblich und zwar in mehrfacher Hinsicht – ökologisch, fiskalisch und sozial.
Chancen für Junge erhöhen
Das sehen auch die jungen Menschen so. Laut der Jugendwertestudie 2011 schätzt die Mehrzahl der 14- bis 29-Jährigen die Zukunft der österreichischen Gesellschaft als eher düster ein. Mit diesem Urteil stehen die jungen Menschen aber nicht allein da. Die pessimistischen Erwartungen teilen auch viele Ältere. Laut einer IMAS-Umfrage glaubt die Mehrheit, dass die heutige Jugend ein schlechteres Leben führen wird als ihre Elterngeneration. Hier ist die Politik gefordert, denn wenn es um ein Entweder-Oder geht, sind die älteren Menschen nicht bereit, Opfer zu bringen, um den Jungen ein besseres Leben zu ermöglichen. So gut Solidarität zwischen den Generationen oft in Familien funktioniert, so sehr haben wir auf gesellschaftlicher Ebene Handlungsbedarf. Ein modernes Schulsystem, das Chancengerechtigkeit für alle Kinder unabhängig von der Bildung oder dem Einkommen der Eltern ermöglicht, wäre ein wichtiger erster Schritt.