Heute leben Erwachsene auf Kosten der Jugend. Auf den ersten Blick haben Jugendliche vieles, aber ihre Chancen bleiben hinter jenen früherer Generationen zurück.
Unsere Kinder sollen es einmal besser haben. Mit diesem Credo ist die Nachkriegsgeneration angetreten. Und das mit Erfolg. Das Wohlstandsversprechen der Zweiten Republik wurde für viele Menschen in Österreich eingelöst. Davon profitiert auch die Generation der Enkel.
Die jungen Erwachsenen sind heute insgesamt gut ausgebildet – die jährliche Zahl der MaturantInnen hat sich seit 1960 vervierfacht. Auch materiell ist die junge Generation besser ausgestattet als die vor ihnen. Heute haben 90 Prozent der 8- bis 14-Jährigen ein Mobiltelefon, fast gleich viele geben an, regelmäßig mit dem Smartphone im Internet zu surfen.
Pessimismus überwiegt
Bei all dem Überfluss haben die Jugendlichen und jungen Erwachsenen aber eines nicht: Optimismus in Hinblick auf die gesellschaftlichen Entwicklungen. Laut der Jugendwertestudie 2011 schätzt die Mehrzahl der 14- bis 29-Jährigen die Zukunft der österreichischen Gesellschaft als eher düster ein. Mit diesem Urteil stehen die jungen Menschen aber nicht allein da. Die pessimistischen Erwartungen teilen auch viele Ältere. Laut einer IMAS-Umfrage glaubt die Mehrheit, dass die heutige Jugend ein schlechteres Leben führen wird als ihre Elterngeneration.
Ende der 1980er-Jahre definierte die Brundtland-Kommission Nachhaltigkeit folgendermaßen: Die Bedürfnisse der Gegenwart werden befriedigt, ohne die Chancen für künftige Generationen einzuschränken. Genau das schaffen wir derzeit nicht. Mit unserem aktuellen Lebensstil reduzieren wir die Chancen folgender Generationen erheblich, und zwar in mehrfacher Hinsicht – ökologisch, fiskalisch und sozial.
Die deutsche Bertelsmann Stiftung hat genau das unter die Lupe genommen. Die Ergebnisse stimmen für Österreich nicht uneingeschränkt optimistisch. Wir stehen zwar im internationalen Vergleich nicht schlecht da. Aber es gibt noch Potenzial nach oben. Österreich befindet sich laut diesem Befund im hinteren Mittelfeld der untersuchten Länder. Die Armutsraten sind im internationalen Vergleich recht niedrig, doch steigt die Armut der unter 18-Jährigen. Die Staatsschulden bewerten die Forscher als moderat, doch hat jedes österreichische Kind im Schnitt 150.000 Euro Schulden. Auch ökologisch verhält sich Österreich in globaler Perspektive alles andere als nachhaltig – wenn alle Menschen so leben wie wir, bräuchten wir drei Planeten.
Solidarität zwischen den Generationen funktioniert in der Familie. Großeltern kümmern sich um ihre Enkelkinder, Pflegeleistungen werden in Österreich zu über zwei Drittel in der Familie erbracht – zum überwiegenden Teil von Frauen. Auch monetäre Transfers sind in Familien selbstverständlich, und das nicht erst bei Erbschaften. „Diese gelebte Solidarität müssen wir endlich auch auf die gesellschaftliche Ebene bringen“, ist der Präsident des Ökosozialen Forums Stephan Pernkopf überzeugt, „wir können nicht so tun als gäbe es kein Morgen.“
Im Zweifelsfall dominiert Egoismus
Doch genau hier liegt das eigentliche Problem. In einer Studie der Universität Konstanz wurde in mehreren europäischen Ländern nach der Akzeptanz für höhere Investitionen in die Bildung gefragt. Der überwiegende Teil der Befragten ist grundsätzlich für höhere Bildungsausgaben. Sollten diese aber mit der Einschränkung von anderen Leistungen wie beispielsweise Pensionen gegenfinanziert werden, steigt die Ablehnung bei älteren Befragten eklatant. Die Ergebnisse stimmen nachdenklich. Ebenso wie eine andere Befragung, wonach fast vier Fünftel der Meinung sind, dass ältere BürgerInnen keine Opfer bringen sollten, um den Jungen ein besseres Leben zu ermöglichen. Und das, obwohl ein Großteil der Meinung ist, dass junge Menschen heute schlechtere Chancen haben als Ältere.
Was es für eine Demokratie bedeutet, in der bei knapper werdenden Budgets immer mehr alte Menschen darüber entscheiden, wofür der Staat Geld ausgeben soll, lässt sich derzeit nur schwer abschätzen. Österreich hat zwar als erstes Land in der EU das aktive Wahlalter auf 16 Jahre gesenkt. Angesichts der demographischen Entwicklung verschiebt das die Problematik aber nur geringfügig.
"Wir dürfen nicht Generationen gegeneinander ausspielen. Die Politik muss aber eine gesellschaftliche Perspektive für Generationensolidarität entwickeln“, appelliert Stephan Pernkopf. Das könnte angesichts der Mehrheitsverhältnisse – bei der letzten Nationalratswahl war bereits ein Drittel der Wahlberechtigten Pensionisten – wohl zunehmend schwieriger werden.