In einer Welt, die auf den Säulen der Nachhaltigkeit aufbaut, zeichnet sich ein überraschender, jedoch starker Verbündeter ab: Pilze. Im Rahmen von Bioeconomy Austria veranstaltete das Ökosoziale Forum das Webinar „Pilz-Power: Wie Myzel die Welt nachhaltig verändert“. Den Teilnehmer:innen boten sich tiefe Einblicke in das revolutionäre Potenzial der myzelbasierten Bioökonomie, das Branchen von der Mode über das Ernährungssystem bis hin zum Bauwesen transformiert.
Wolfgang Hinterdobler von MyPilz zeigte auf, dass Mykorrhiza-Pilze, die unscheinbaren Helden unter der Erde, ein Drittel der CO2-Emissionen fossiler Brennstoffe speichern können. Pilze sind bereits jetzt unabdingbar für viele Produkte – von Lebensmitteln und Getränken über Medikamente bis hin zu Biotreibstoffen und Chemikalien. Unser Leben wäre ohne die Schwammerl kaum vorstellbar. Werden diese Potenziale kaskadisch genutzt, steigen die Wertschöpfungsmöglichkeiten. Und diese scheinen grenzenlos: Von bis zu 19 Millionen unterschiedlichen Pilzarten auf diesem Planeten sind erst 50(!) zur Gänze erforscht. Erweckt man das schlummernde Potenzial zum Leben, könnte Abfall bald ein Problem der Vergangenheit sein.
Auch in der Bauindustrie steigt der Bedarf an nachhaltigen Materialien, wie Alwin Koodaly von Wood k Plus darlegte. Er betonte die wachsende Bedeutung biogener Materialien und lokal verfügbarer Reststoffe für die Branche. Mykomaterialien, die emissionsfrei, vollständig abbaubar und vielseitig einsetzbar sind, können Schlüsselkomponenten für eine nachhaltigere Bauweise sein. Ein von Wood k Plus durchgeführtes Pilotprojekt, das Nadelholzreststoffe in pilzgebundene Verpackungs- und Dämmmaterialien umwandelt, zeigt die praktische Umsetzung dieser Vision. Tim Felle von der TU München wies zudem auf das ungenutzte Potenzial von Altholz in Deutschland hin, das durch Pilzsubstrate in einem kaskadischen Nutzungsprozess effizienter verwertet werden könnte. Diese Ansätze könnten den Weg für eine signifikante Steigerung der Ressourceneffizienz ebnen.
Ein besonderes Augenmerk legte Stephanie Lipp von MycoFutures – einem aufstrebenden Start-Up aus Kanada – auf die Modeindustrie, die dringend nachhaltige, kreislaufwirtschaftliche Materialien benötigt, die auch ästhetisch und funktional überzeugen. Pilzbasierte Materialien bieten eine attraktive Alternative zu herkömmlichem Leder, mit einem Bruchteil der CO2-Emissionen. Die Ambitionen von MycoFutures, diese Technologien nach Österreich zu exportieren, sind den guten Bedingungen für Gründer:innen und der optimalen geographischen Lage geschuldet.
Das Webinar „Pilz-Power“ zeigt auf, dass die myzelbasierte Bioökonomie mehr als nur eine ökologische Nische ist. Sie könnte der Schlüssel zu einer umfassenden, nachhaltigen Transformation unserer Gesellschaft sein. Mit Pilzen, die in der Lage sind, CO2 effizient zu speichern, Abfälle in wertvolle Ressourcen umzuwandeln und neue Wertschöpfungswege zu ergründen, kann Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen. Es ist an der Zeit, das ungenutzte Potenzial, welches in unseren Böden schlummert, voll auszuschöpfen.