Die Holzvergasungstechnologie – großteils in Österreich entwickelt – befindet sich im Aufwind. Einer Produktion von Wasserstoff, Diesel, Kerosin, Erdgas, aber auch Strom sowie Wärme und Kälte aus dem Rohstoff Holz steht nichts mehr im Wege. Dieses Factsheet gibt einen Überblick über die wichtigsten Daten, Fakten und Hintergründe.
Wald & Holz
Die bewaldete Fläche nimmt in Österreich seit 1961 stetig zu. Damals bestanden 44% der Staatsfläche aus Wald. Heute sind es bereits 48%. Anders ausgedrückt: „Der Holzvorrat in Österreichs Wald ist seit den 1960er Jahren um 50 % angestiegen“ (Bundesforschungszentrum für Wald, 2019: 8). Der Holzvorrat im Ertragswald betrug 1961 rund 780 Millionen Vorratsfestmeter (Vfm). 2016/2017 betrug dieser 1173 Millionen Vfm. Gleichzeitig bleibt einiges an Material im Wald derzeit ungenutzt, wie Abbildung 1 zeigt. Dieses verrottet und setzt das gebundene CO2 wieder in die Atmosphäre aus. Klar ist, dass ein gewisser Anteil an Totholz ökologisch notwendig ist. Derzeit verbleibt allerdings zu viel Schadholz im Wald. Das begünstigt die Entwicklung des Borkenkäfers und muss daher rasch aus dem Wald entfernt werden, das einen hohen Kostenaufwand für ForstwirtInnen mit sich bringt (Steyrer et al., 2019).
Die Holzeinschlagsmeldung des Jahres 2019 gibt einen Überblick über die Zahlen und Dimensionen der Holznutzung. Es entfielen 2019 8,82 Mio. Efm (Erntefestmeter) auf Sägerundholz – das sind 46,65 %. 5,58 Mio. Efm wurden energetisch genutzt (29,27 %) und 3,45 Mio. Efm (18,27 %) entfielen auf Industrieholz (Span-, Faserplatten- und Papierindustrie). (BMLRT, 2020: 6).
Im Jahr 2019 allein, sind in Österreich bis zu 10 Millionen Festmeter an Schadholz angefallen. Das entspricht knapp der Hälfte des Gesamteinschlages. Das bringt einen hohen Aufwand mit sich: Ein Beispiel dafür sind die Österreichischen Bundesforste, bei welchen in diesem Jahr durch Mindererlöse und Mehrkosten der Käferprävention sowie Holzernte ein Schaden von 42,1 Millionen Euro entstand (Österreichische Bundesforste AG, 2020). Der Klimawandel hat großen Einfluss auf die Entwicklung der Schadholzmengen durch Sturm, Schnee und Käferbefall. Seit 1944 ist ein rasanter Anstieg zu verzeichnen. Dieser ist auf Abbildung 2 dargestellt. (Stangl et al., 2020)
Auch in Zukunft ist mit einem Anstieg an energetisch nutzbarem Holz zu rechnen, welches gefahrläuft im Wald zurückzubleiben und damit zu einer Herausforderung für die Forstwirtschaft zu werden. Der Klimawandel leistet seinen Beitrag, aber auch der Waldumbau hin zu mehr Laubholz – bei welchem mehr Energieholz anfällt als bei Nadelholz – führt zu einem Anstieg. In Bezug auf Effizienzsteigerungen rechnet der Österreichische Biomasseverband mit einem freien Energieholzpotenzial von zusätzlichen 3 Millionen Festmeter bis 2030. Dies entsteht aufgrund von sinkendem Holzeinsatz in Heizungen, Nahwärmeanlagen und Kraftwerken. (Österreichischer Biomasseverband, 2020a)
Energie & Klima
Betrachtet man den österreichischen Energieverbrauch und die bezogenen Energieträger (Abbildung 3), dann wird eine große Abhängigkeit von fossilen Energieträgern (Öl, Gas, Kohle) sichtbar. Um weitere und noch heftigere Auswirkungen des Klimawandels zu vermindern, soll – laut Regierungsprogramm – die Klimaneutralität Österreichs bis 2040 umgesetzt werden.
Laut dem Österreichischen Biomasseverband (2020a) besteht bis 2040 ein Gesamtpotenzial in Österreich an erneuerbaren Energien von 950 PJ. Davon entfallen 500 PJ auf volatile (Windkraft, Solar, …), und 450 PJ auf rohstoffbasierte (Biomasse, Holzgas, …). Gleichzeitig wird mit einer notwendigen Energieeinsparung von 550 PJ gerechnet. Neben der Reduktion des Energieeinsatzes von fossilen Rohstoffen sind innovative Technologien – wie die Holzvergasung – ein fundamentaler Baustein dieser Transformation.
Abbildung 4 gibt einen Überblick darüber, welche Sektoren in Österreich wie viele Treibhausgas-Emissionen verursachen. Die größten Verursacher sind die Energie und Industrie, dicht gefolgt vom Verkehrssektor. Im Verkehrsbereich ist von 1990 bis 2018 eine Zunahme der Emissionen von über 10 Millionen Tonnen zu verzeichnen. Alleine im europäischen Flugverkehr haben sich die Emissionen in den letzten 30 Jahren verdoppelt. 2019 wurden in Österreich 1,1 Milliarden Liter Kerosin getankt. Dies hatte knappe drei Millionen Tonnen an Treibhausgas-Emissionen zur Folge. (VCÖ, 2020)
Klimafitte Energie und Antriebsformen aus Biomasse wie Holzdiesel bzw. Kerosin aus Holzgas weisen wesentlich geringere Emissionen auf als herkömmliche Treibstoffe und können dazu beitragen, die Emissionen aus dem Sektoren Energie und Industrie sowie Verkehr signifikant zu reduzieren.
Technologie & Entwicklung
Zündet man ein Streichholz an, bemerkt man, dass die Flamme etwas über dem Holz brennt. Dieses grundlegende Prinzip der Holzvergasung ist allgemein bekannt. Bei der Erhitzung von Holz werden gasförmige Kohlenwasserstoffe frei. Diese sind brennbar und bilden die Flamme über dem Streichholz. Die Holgastechnologie, welche ihren Ursprung im 18. Jahrhundert hat und seitdem Großteils von österreichischen Pionieren weiterentwickelt wurde, macht sich dieses Prinzip zu Nutze. Das Ergebnis sind verschiedene Produkte wie Holzdiesel, Holzgas, aber auch Wasserstoff oder Wärme/Strom, wie auf untenstehender Grafik ersichtlich. (siehe auch: Österreichischer Biomasseverband, 2014)
Holzgas und Holzdiesel können aus biogenen Ressourcen, forstwirtschaftlichen Nebenprodukten, Reststoffen und Abfällen hergestellt werden. Zwei technische Verfahren kommen dabei zur Anwendung: erstens die Methan-Synthese (SNG), mit welcher Holzgas hergestellt wird und zweitens die Fischer-Tropsch-Synthese (FT), welche die daraus folgende Herstellung von Holzdiesel oder Holzkerosin ermöglicht. Das Ergebnis sind hochwertige Treibstoffe. Diese können (gleichwertig wie herkömmlicher Diesel) in der bestehenden Infrastruktur (Traktoren, LKW, PKW, Flugzeugen) eingesetzt werden.
Eine bereits bewährte Form der Holgasproduktion sind Holzgas-KWK-Anlagen. Sie dienen zur Wärme- und Stromproduktion. In Österreich sind bereits über 20 Anlagen in Betrieb (Österreichischer Biomasseverband, 2020). Dezentrale Holzgas-KWK-Anlagen bringen Versorgungssicherheit durch Grundlastversorgung – vor allem in Wintermonaten sowie eine Verringerung der Importabhängigkeit bei Energie. Sind die wirtschaftlichen Grundvoraussetzungen (Österreichischer Biomasseverband, 2014) für die Errichtung einer Holzgasanlage gegeben, kann Holzgas einen erheblichen Beitrag zur regionalen Wertschöpfung leisten.
Die Technische Universität Wien (2020) führte eine Machbarkeitsstudie zu Holzgas durch. Die in der Studie betrachtete Anlage kann beispielsweise aus ca. 4 kg trockenem Holz 1 Liter Diesel oder aus 3 kg trockenem Holz 1 m3 Gas herstellen. Die zugrundeliegenden Technologien der Gaserzeugung, der Gasreinigung sind erprobt. Für die Fischer-Tropsch-Synthese schlagen Forscher der Technischen Universität Wien die Ausrollung einer Lernanlage für die Nutzung des Holzdiesels vor (Technische Universität Wien, 2020: 122).
In der Studie wurde auch untersucht, inwieweit durch Holzdiesel der fossile Energieeinsatz in der österreichischen Land- und Forstwirtschaft ersetzt werden kann. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Jährlich sind dafür 9,2 PJ Holzdiesel und 0,9 PJ an Holzgas erforderlich. Diese Menge könnte von 9 dezentralen Holzdiesel-Anlagen und einer Holzgas-Anlage mit jeweils 100 MW produziert werden. Die Ressourcen sind vorhanden. Besonders vorteilhaft ist, dass Holzdiesel 90 % geringere Treibhausgas-Emissionen aufweist als fossiler Diesel (Technische Universität Wien, 2020). Abbildung 6 vergleicht die Treibhausgas Emissionen von verschiedenen Treibstoffen. Hier ist klar ersichtlich, dass Holzdiesel aus Hackgut (Schadholz) sowie Holzgas (CNG) den geringsten Emissionswert aufweisen.
Holzgas ist vielseitig einsetzbar: Grünes Erdgas, Wasserstoff, Diesel, Kerosin, Wärme, Strom, Chemikalien. Anlagen, welche verschiedenste hochwertige Endprodukte ermöglichen, sind teilweise schon marktreif bzw. stehen kurz vor der Marktreife.
Literatur & Quellen
BMLRT (2020): Holzeinschlagsmeldung über das Kalenderjahr 2019. Bundesministerium für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus Abteilung III/1, Marxergasse 2, 1030 Wien. Verfügbar unter: https://www.bmlrt.gv.at/forst/oesterreich-wald/wirtschaftsfaktor/rohstoff-holz/holzeinschlagsmeldung-2019.html Abgerufen am: 14.05.2020
BMNT (2019): Energie in Österreich – Zahlen, Daten, Fakten. Wien. Verfügbar unter: https://www.bmlrt.gv.at/energie-bergbau/energie/Zahlen--Daten--Fakten.html Abgerufen am: 14.05.2020
Bundesforschungszentrum für Wald (2019): Zwischenauswertung der Waldinventur 2016/18. ISSN 1815-3895. Wien. Verfügbar unter: https://bfw.ac.at/cms_stamm/050/PDF/BFW-Praxisinfo50_waldinventur_fertig_web.pdf Abgerufen am: 13.05.2020
Bundesforschungszentrum für Wald (2020): Dokumentation der Waldschädigungsfaktoren nach Angaben der Bezirksforstinspektion (und vorangegangene Erhebungen). Verfügbar unter: https://bfw.ac.at Abgerufen am: 26.05.2020
Österreichischer Biomasseverband (2014): Wärme und Strom aus Holz – Holzgasanlagen für regionale Energieversorgung. Wien. Verfügbar unter: https://www.biomasseverband.at/wp-content/uploads/Wärme-und-Strom-aus-Holz.pdf Abgerufen am: 13.05.2020
Österreichischer Biomasseverband (2019): Bioenergie Atlas Österreich 2019. Wien. Verfügbar unter: https://www.biomasseverband.at/wp-content/uploads/Bioenergie-Atlas-Oesterreich-2019.pdf Abgerufen am: 13.05.2020
Österreichischer Biomasseverband & Österreichische Energieagentur (2019): Basisdaten 2019 Bioenergie. Wien. Verfügbar unter: https://www.biomasseverband.at/wp-content/uploads/Basisdaten_Bioenergie_2019.pdf Abgerufen am: 13.05.2020
Österreichischer Biomasseverband (2020a): Rohstoffpotenziale für die Holzvergasung. Präsentation. Webkonferenz: Holzgas. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=9Kb2w69HpS0&list=PL16wwwYlufREyhz1Kj4mI48T_TBr b6Q0A&index=4 Abgerufen am: 19.05.2020
Österreichischer Biomasseverband (2020b): Biomasse-Landkarte Österreich. Wien. Verfügbar unter: https://www.biomasseverband.at/wp-content/uploads/Biomasse-Landkarte.pdf Abgerufen am: 19.05.2020
Österreichische Bundesforste AG (2020): Positives Ergebnis trotz hoher Klimawandelkosten und historischer Schadholzkrise. Presseaussendung. Verfügbar unter: https://www.bundesforste.at/service-presse/presseaussendungen/pressedetail/news/oesterreichische-bundesforste-ag-oebf-ag-positives-ergebnis-trotz-hoher-klimawandelkosten-und-histo.html Abgerufen am: 02.06.2020
Stangl M., Formayer H., Höfler A., Andre K., Kalcher M., Hiebl J., Hofstätter M., Orlik A., Michl C. (2020): Klimastatusbericht Österreich 2019, CCCA (Hrsg.) Graz © Klimastatusbericht Österreich 2019, Hrsg. CCCA 2020 Verfügbar unter: https://ccca.ac.at/fileadmin/00_DokumenteHauptmenue/02_Klimawissen/Klimastatusbericht/web_Klimastatusbericht_OE_2019.pdf Abgerufen am: 26.05.2020
Steyrer, G.; Perny, B.; Hoch, G. (2019): "Das Schadholz rasch aus dem Wald entfernen". Presseaussendung des BFW am 09. April 2019 Verfügbar unter: https://www.waldwissen.net/waldwirtschaft/schaden/insekten/bfw_borkenkaefer_2019/index_DE Abgerufen am: 26.05.2020
Technische Universität Wien (2020): Endbericht: Reallabor zur Herstellung von Holzdiesel und Holzgas aus Biomasse und biogenen Reststoffen für die Land- und Forstwirtschaft. Ausgeführt vom Institut für Verfahrenstechnik, Umwelttechnik und Technische Biowissenschaften unter Mitarbeit vom Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe (TASK). Wien.
Umweltbundesamt (2020): Treibhausgas-Bilanz 2018 – Daten, Trends & Ausblick. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.at/fileadmin/site/aktuelles/veranstaltungen/2020/Treibhausgas_Bilanz_2018.pdf Abgerufen am 26.05.2020
VCÖ (2020): Verkehr aktuell: Klimakrise nur mit wenig Flugverkehr zu bewältigen. Wien. Verfügbar unter: https://www.vcoe.at/publikationen/vcoe-factsheets/detail/vcoe-factsheet-2020-05-klimakrise-nur-mit-wenig-flugverkehr-zu-bewaeltigen Abgerufen am 26.05.2020