Hamburger mit Maßband außenrum

Die weltweite Bekämpfung von Fehl- bzw. Mangelernährung ist eine der großen Herausforderungen der internationalen Staatengemeinschaft, aber auch jedes einzelnen Landes. Nach FAO-Schätzungen ist heute einer von drei Menschen weltweit betroffen. Fehl- bzw. Mangelernährung kennt mehrere Aspekte: Hunger führt beispielsweise zu Entwicklungsverzögerungen bei Kindern und erhöht die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten, andererseits führen auch Übergewicht und der übermäßige Konsum von Zucker, Salz oder Fett bzw. der Mangel an notwendigen Vitaminen und Mineralien zu einem erhöhten Krankheitsrisiko (IFPRI 2016, S. xviii).

Hunger und Unterernährung
Seit 2003, damals waren 947 Millionen Menschen von Hunger und Unterernährung betroffen, konnte die Zahl der weltweit hungernden Menschen kontinuierlich gesenkt werden – anteilsmäßig wie auch in absoluten Zahlen. Nun scheint sich der Trend umzukehren. Seit 2015 steigt die absolute Zahl der Hungernden wieder an und 2016 erhöhte sich auch der Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung. 815 Millionen Menschen bzw. elf Prozent sind heute von Hunger und Unterernährung betroffen (FAO et al. 2017, S. 2).

ABBILDUNG 1: ENTWICKLUNG DER ZAHL DER HUNGERNDEN UND UNTERERNÄHRTEN MENSCHEN WELTWEIT

Quelle: FAO et al.: The State of Food Security and Nutrition in the World 2017. http://www.fao.org/3/a-I7695e.pdf, S. 5

Die verschiedenen Regionen der Welt sind in sehr unterschiedlichem Ausmaß betroffen. Nach wie vor ist Subsahara-Afrika jene Region mit den höchsten Anteilen (22,7 %), wobei hier Ostafrika einen besonders hohen Anteil aufweist. 2016 war ein Drittel der ostafrikanischen Bevölkerung unterernährt (FAO et al. 2017, S. 6). In absoluten Zahlen leben die meisten unterernährten Menschen in Asien – rund 520 Millionen (FAO et al. 2017, S. 7). Weltweit (wie auch in jeder einzelnen Region) sind Frauen in einem etwas höheren Ausmaß von Ernährungsunsicherheit betroffen als Männer (FAO et al. 2017, S. 13).

Chronische Mangel- und Unterernährung vor allem während der ersten drei Lebensjahre wirken sich auf die psychische, physische und soziale Entwicklung aus, mit entsprechenden Aus-wirkungen auf Motorik und Verhalten. Dies hat auch Folgen für Gesundheit und sozio-ökonomischen Status im Erwachsenenalter und somit für die gesamtgesellschaftliche Ent-wicklung (Lehmann-Uschner 2015, S.1–3). Derzeit sind weltweit 155 Millionen Kinder unter fünf Jahren von chronischer Mangel- und Unterernährung betroffen. Das sind 22,9 Prozent dieser Altersgruppe. Seit 2005 sind diese Zahlen rückläufig, damals waren noch 29,5 Prozent der Kleinkinder betroffen. Dennoch sind die Zahlen nach wie vor hoch – vor allem in Afrika (31,2 %) und in Asien (23,9 %) (FAO et al. 2017, S. 15).

Übergewicht und Adipositas
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert Übergewicht bei Erwachsenen als einen Body Mass Index (BMI, Körpergewicht in Kilogramm dividiert durch die quadrierte Körpergröße in Metern) von 25 oder höher. Bei einem BMI ab 30 beginnt Fettleibigkeit (WHO, 2016). Übergewicht und Adipositas sind weltweit auf dem Vormarsch. Zwei von fünf Erwachsenen weltweit leiden unter Übergewicht oder Fettleibigkeit. Einer von zwölf hat Typ-2-Diabetes (IFPRI 2016, S. 2). Der Anteil der von Adipositias betroffenen Personen verdoppelte sich zwischen 1980 und 2014. 2014 waren laut FAO mehr als 600 Millionen Erwachsene bzw. 13 Prozent weltweit von Fettleibigkeit betroffen (WHO, 2016).

Das Problem der Fettleibigkeit ist insbesondere in Nordamerika, Europa und Ozeanien erkennbar. Hier sind 28 Prozent der Erwachsenen betroffen. Im Unterschied zu sieben Prozent in Asien und elf Prozent in Afrika. In Lateinamerika und der Karibik ist rund ein Viertel der Bevölkerung adipös. Historisch war der Anteil der fettleibigen Personen in Afrika und Asien gering. In der jüngsten Vergangenheit sind immer größere Bevölkerungsteile auch in diesen Regionen betroffen. Während viele Länder mit geringem und mittlerem Einkommen immer noch mit Hunger und Unterernährung zu kämpfen haben, kommt zusätzlich das Problem des Übergewichts mit den damit verbundenen gesundheitlichen Auswirkungen parallel hinzu (FAO et al. 2017, S. 19). Diese sind enorm und reichen von Herzkreislauferkrankungen über Diabetes und Erkrankungen des Bewegungsapparats bis hin zu verschiedenen Formen von Krebs. Die WHO sieht epidemische Ausmaße erreicht und schätzt, dass jährlich 2,8 Millionen Menschen an den Folgen von Übergewicht und Fettleibigkeit sterben (WHO, 2016).

Übergewicht und Fettleibigkeit tritt nicht nur im Erwachsenenalter auf, auch Kleinkinder sind betroffen. Heute gelten weltweit etwa 41 Millionen Kinder unter 5 Jahren als übergewichtig, das ist ein Anteil von sechs Prozent (FAO et al. 2017, S. 17).

ABBILDUNG 2: ENTWICKLUNG DER ZAHL DER ADIPÖSEN ERWACHSENEN WELTWEIT

Quelle: FAO et al.: The State of Food Security and Nutrition in the World 2017. http://www.fao.org/3/a-I7695e.pdf, S. 20

Die Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs)
Im September 2015 beschlossen die VertreterInnen von 193 Staaten in New York die Sustainable Development Goals (SDGs) – 17 Nachhaltigkeitsziele mit 169 konkreten Zielsetzungen und 230 Indikatoren – als Nachfolge der Millennium Development Goals (MDGs). Diese ambitionierte und universelle Agenda 2030 zielt auf die Transformation unserer Welt in Richtung Nachhaltigkeit und Widerstandsfähigkeit ab (Vereinte Nationen Generalversammlung 2015, S.1)

Bei den SDGs sind nicht mehr nur Veränderungen in Entwicklungsländern intendiert, sondern es geht um eine transformative Politik in allen Ländern. Dementsprechend sind die SDGs thematisch umfassender und die drei Dimensionen nachhaltiger Entwicklung (ökologisch, ökonomisch, sozial) stärker integriert als es etwa bei den MDGs (Beisheim 2016, S.1).

ABBILDUNG 3: ZIELE FÜR NACHHALTIGE ENTWICKLUNG

Quelle: Regionales Informationszentrum der Vereinten Nationen für Westeuropa – UNRIC 2017: Ziele für nachhaltige Entwicklung, https://www.unric.org/de/component/content/article/27740

In Hinblick auf die Welternährung ist SDG 2 „Hunger beenden, Lebensmittelsicherheit und verbesserte Ernährung erreichen und eine nachhaltige Landwirtschaft fördern“ von höchster Relevanz. Die Staatengemeinschaft hat sich in diesem Zusammenhang konkret vorgenommen, bis 2030 den Hunger zu beenden und sicherzustellen, dass alle Menschen, ganzjährig Zugang zu sicheren, nährstoffreichen und ausreichenden Nahrungsmitteln haben. Ebenso sollen bis dahin alle Formen der Mangelernährung beendet werden. Die landwirtschaftliche Produktivität und die Einkommen von kleinen Nahrungsmittelproduzenten sollen verdoppelt werden. Bis 2030 sind darüber hinaus die Nachhaltigkeit der Systeme der Nahrungsmittelproduktion sicherzustellen und resiliente landwirtschaftliche Methoden anzuwenden, die die Produktivität und den Ertrag steigern, zur Erhaltung der Ökosysteme beitragen, die Anpassungsfähigkeit an Klimaänderungen erhöhen und die Bodenqualität verbessern. Die genetische Vielfalt von Saatgut, Kulturpflanzen sowie Nutz- und Haustieren und ihren wildlebenden Artverwandten soll bewahrt werden. Die Investitionen in die ländliche Infrastruktur, die Agrarforschung und landwirtschaftliche Beratungsdienste sind zu erhöhen, um die landwirtschaftliche Produktions-kapazität in den Entwicklungsländern zu verbessern. Auch sollen die Handelsbeschränkungen und -verzerrungen auf den globalen Agrarmärkten korrigiert werden und Maßnahmen zur Gewährleistung des reibungslosen Funktionierens der Märkte für Nahrungsmittelrohstoffe ergriffen werden, um zur Begrenzung der extremen Schwankungen der Nahrungsmittelpreise beizutragen (Vereinte Nationen Generalversammlung 2015, 16–17).

Auch alle anderen SDGs sind in diesem Zusammenhang betroffen. So hängt beispielsweise die Bekämpfung der Armut (SDG 1) unmittelbar mit der Bekämpfung des Hungers zusammen. Auch sind ohne ausreichende Ernährung weder Gesundheit (SDG 3) noch Bildung (SDG 4) möglich. Auch sind nachhaltiger Konsum und Produktion (SDG 12) von entscheidender Bedeutung.

Nachhaltige Produktions- und Ernährungssysteme
Um eine wachsende Weltbevölkerung – bis 2050 sollen laut Prognosen rund zehn Milliarden Menschen auf diesem Planeten leben – ausreichend zu ernähren, schätzt die FAO, dass die landwirtschaftliche Produktion global gesehen um 50 Prozent gesteigert werden muss. Ernährungssicherung braucht einen ganzheitlichen Ansatz, der sich mit allen Formen der Fehlernährung genauso auseinandersetzt wie mit Produktionssteigerung und dem Einkommen von kleinen bäuerlichen Familienbetrieben. Mit ihnen steht und fällt die Resilienz der weltweiten Ernährungssicherung wie auch mit dem nachhaltigen Umgang mit Biodiversität (FAO 2017a).

Mehr als 90 Prozent der 570 Millionen landwirtschaftlichen Betriebe weltweit sind Familienbetriebe. Sie produzieren mehr als 80 Prozent der Nahrungsmittel. Bäuerliche Familienbetriebe sind damit das Rückgrat der globalen Nahrungsmittelproduktion. Laut FAO muss Hungerbekämpfung an der Diversität und Komplexität der Herausforderungen bäuerlicher Familienbetriebe ansetzen. Sie sind der Schlüssel zu inklusiven und effizienten landwirtschaftlichen Produktions- und Ernährungssystemen (FAO 2017b).

 

Literatur und Quellen

Marianne Beisheim (2016): Die Umsetzung der VN-Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung Welche Signale Deutschland jetzt international setzen sollte, SWP-Aktuell 19, März 2016.
https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2016A19_bsh.pdf [Abruf 5.10.2017]

FAO (2017a): How close are we to #ZeroHunger? http://www.fao.org/state-of-food-security-nutrition/en/
[Abruf 5.10.2017]

FAO (2017b): Family Farming Knowledge Platform – Background. http://www.fao.org/family-farming/background/vn/ [Abruf 5.10.2017]

FAO, IFAD, UNICEF, WFP and WHO (2017): The State of Food Security and Nutrition in the World 2017. Building resilience for peace and food security. http://www.fao.org/3/a-I7695e.pdf [Abruf 5.10.2017]

International Food Policy Research Institute – IFPRI (2016): Global Nutrition Report 2016: From Promise to Impact: Ending Malnutrition by 2030. Washington. http://ebrary.ifpri.org/utils/getfile/collection/p15738coll2/id/130354/filename/130565.pdf [Abruf 5.10.2017]

Katharina Lehmann-Uschner (2015): Die langfristigen Folgen von Mangel- und Unterernährung in Entwicklungsländern, Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung. DIW Roundup. Politik im Fokus, Nr. 69, 23. Juni 2015, https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.509236.de/diw_roundup_69_de.pdf# [Abruf 5.10.2017]

Vereinte Nationen Generalversammlung (2015): Transformation unserer Welt: die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, non der Generalversammlung auf ihrer neunundsechzigsten Tagung an das Gipfeltreffen der Vereinten Nationen zur Verabschiedung der Post-2015-Entwicklungsagenda überwiesener Resolutionsentwurf, 18. September 2015.
http://www.un.org/depts/german/gv-70/a70-l1.pdf [Abruf 5.10.2017]

World Health Organization – WHO (2016). Obesity and overweight. Obesity and overweight. Fact sheet, Updated June 2016, http://www.who.int/mediacentre/factsheets/fs311/en/ [Abruf 5.10.2017]

 

Factsheet "Hunger, Mangelernährung und Übergewicht weltweit" downloadenGefördert durch die Österreichische Entwicklungszusammenarbeit