»Alles, was gegen die Natur ist, hat auf Dauer keinen Bestand«, das wusste schon Charles Darwin. Er hatte recht. Wenn wir uns die aktuellen globalen Entwicklungen ansehen, bedarf es noch sehr vieler Anstrengungen, wirklich alle davon zu überzeugen. Allen voran Donald Trump, der mit seiner jüngsten Ansage, aus dem Pariser Klimaschutzabkommen auszutreten, viel Kritik geerntet hat.
Österreich bekennt sich zum Umweltschutz. So steht es seit 2013 in der Verfassung. Die Republik bekräftigt damit – zumindest am Papier – ihr Bekenntnis zum Schutz der Natur vor schädlichen Einwirkungen. Konkret sind die Reinhaltung von Luft, Wasser und Boden sowie Lärmvermeidung angeführt. Österreich steht in Sachen Umwelt- und Naturschutz nicht so schlecht da. Die Luftqualität und der ökologische Zustand der Fließgewässer haben sich in den letzten Jahren verbessert, Treibhausgas-Emissionen und Schadstoffbelastungen sinken, der Anteil erneuerbarer Energieträger und die Ressourceneffizienz steigen, die Recyclingquoten sind hoch und die Umweltwirtschaft wächst. Ganz allgemein hat kaum jemand etwas gegen Umwelt- und Naturschutz – sei es in der Politik oder in der Wirtschaft. Strittig wird es erst, wenn Naturschutz in der Praxis mit anderen Interessen kollidiert – wenn er also Geld kostet bzw. wirtschaftliche oder persönliche Einschränkungen erwartet werden.
In vormodernen Gesellschaften wurde die Natur in erster Linie als Bedrohung wahrgenommen. Mit dem Aufstieg der neuzeitlichen Naturwissenschaften wurde es möglich, manche dieser Bedrohungen einzudämmen. Das vielfach erklärte Ziel war die Beherrschung der Natur. So schrieb der Staatsmann und Physiker Francis Bacon um 1600, dass der Mensch die Natur gefügig machen müsse. Heute – und mit Abnahme der wahrgenommenen Gefahren stärker ausgeprägt – ist die Natur zum Sehnsuchtsort für viele geworden. Das verbliebene Ursprüngliche und Unberührte, das „Echte“, soll vor den Eingriffen durch die Menschen geschützt werden. Wenn nicht gerade Erdbeben, Dürre, Überschwemmungen, Haiangriffe oder Mykotoxine in Haferflocken eine unmittelbare persönliche Bedrohung darstellen.
Nützen und schützen
Im 18. und 19. Jahrhundert entwickelte sich im deutschsprachigen Raum der Naturschutzgedanke. Der Verlust von vertrauten Kulturlandschaftsflächen war so etwas wie die Initialzündung. Die Kulturlandschaft – der maßvolle Umgang mit der Natur – stand im Gegensatz zum stärker werdenden Raubbau an der Natur.
Mittlerweile sind Natur- und Umweltschutz auch in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften angekommen. So berechnen beispielsweise Ökonomen den Wert von Natur bzw. von den Leistungen, die durch Ökosysteme zur Verfügung gestellt werden. Eine deutsche Forschergruppe setzte beispielsweise 2009 den weltweiten Wert der ökologischen Dienstleistung durch Bestäubung auf rund 350 Milliarden US-Dollar an. Das entsprach dem Wert bestäubungsabhängiger Agrarprodukte.
Dieses Vorgehen wird vielfach kritisiert, weil die Schönheit der Natur nicht gemessen werden kann. Wie viel kostet schließlich ein Sonnenuntergang? Auch soll der Umwelt kein Preisschild umgehängt werden, um sie nicht zur Ware zu machen. Allen Einwänden zum Trotz ist es mit diesen Berechnungen dennoch gelungen, plakativ darzustellen, dass die Natur einen (monetären) Wert hat und dass mit dem Verlust von Ökosystemen oder Arten letztlich auch wirtschaftliche Werte vernichtet werden können.
Praktischer Naturschutz setzt heute in erster Linie an den Lebensräumen an. Die Tier- und Pflanzengemeinschaften sind nur in ihrem Zusammenspiel zu verstehen und nur durch Verständnis der Zusammenhänge zu schützen. Nicht einzugreifen reicht heute nicht mehr aus, praktischer Naturschutz ist aktiver Naturschutz. Dies ist vor allem auch bei den sogenannten invasiven Arten der Fall. Schätzungen zufolge gibt es über 12.000 gebietsfremde Arten in Europa. Sie wurden durch Handel und Reisende eingeführt und absichtlich oder unabsichtlich freigesetzt. Rund 10 bis 15 Prozent davon sind invasiv. Das heißt, dass sie sich (regional) übermäßig ausbreiten und im jeweiligen Gebiet heimische Arten verdrängen. Die EU-Kommission hat 2016 eine Liste mit 37 Tier- und Pflanzenarten erstellt, die die europäische Artenvielfalt und Biodiversität bedrohen. Dazu zählen so putzig anmutende Tiere wie der Waschbär, das Grauhörnchen oder die Nutria, Pflanzen wie der Riesenbärenklau, die Mittagsblume oder das Springkraut. Manche dieser Aliens wurden auch aus „ökologisch“ gut gemeinten Motiven bei uns heimisch. Wie der asiatische Marienkäfer, der zur biologischen Bekämpfung von Blattläusen eingeführt wurde. Seitdem hat er als gefräßiger Räuber die heimischen Marienkäferarten und andere unschädliche
Insekten verdrängt. Invasive Arten verursachen auch enorme Kosten – für die Landwirtschaft, andere Primärerzeuger, aber auch für die gesamte Gesellschaft. Die wirtschaftlichen Kosten der Beseitigung des Riesenbärenklaus und von medizinischer Behandlung (die Pflanze kann bei Hautkontakt zu schweren Verbrennungen, bei Augenkontakt zum Erblinden führen) werden allein für Deutschland auf bis zu 21 Millionen Euro pro Jahr geschätzt. Die derzeit wohl drängendste Gefahr für die Natur ist der Klimawandel. Das gesamte Ausmaß der Auswirkungen ist noch nicht wirklich abschätzbar, auch die Kosten nicht. Es wäre beruhigend, wenn das auch dem amerikanischen Präsidenten klar würde.