Unser aktueller Umgang mit Rohstoffen ist nicht nur ökologisch und oft auch sozial fragwürdig, sondern auch ökonomisch riskant. Bioökonomie und Kreislaufwirtschaft sind die Eckpfeiler für ein modernes Wirtschaften auf Basis natürlicher Ressourcen, die möglichst lange gebraucht und nicht verbraucht werden.
Palladium ist derzeit bei Analysten hoch im Kurs. Allein in diesem Jahr stieg der Preis um 50 Prozent. Das Edelmetall wird hauptsächlich in der Automobilindustrie für Katalysatoren verwendet. Nicht zuletzt durch die Abgasdebatte bei Dieselfahrzeugen ist Palladium gefragt. Auch als Elektrodenmaterial für Brennstoffzellen ist das Platinmetall im Einsatz, bei Wasserstoffautos dient es als Speichermaterial für den Wasserstoff. Neue Technologien versprechen auch dem Rohstoff Lithium eine erhöhte Nachfrage. Dieses Leichtmetall steckt in Medikamenten, Smartphones und – hier wird es mengenmäßig für Investoren interessant – in den Akkus von Elektroautos. Entsprechend hat sich der Preis für Lithium in den vergangenen zwei Jahren entwickelt. ExpertInnen sehen die aktuellen Abbauzahlen von 175.000 Tonnen im Jahr schon nahe an der Kapazitätsgrenze. Zahlreichen anderen Rohstoffen werden und wurden Knappheiten ebenso prophezeit. Selbstverständlich sind Prognosen eine schwierige Sache, vor allem, wenn sie die Zukunft betreffen – wie es Mark Twain treffend formuliert haben soll. Doch selbst wenn Rohstoffe nicht plötzlich ausgehen werden: Kostensteigerungen aufgrund knapper werdender Ressourcen können das wirtschaftliche Risiko deutlich erhöhen. Vor allem dann, wenn die benötigten Materialien oder Stoffe von wenigen Anbietern kommen, die in noch weniger Ländern fündig werden.
Wertvoller Müll
Die Erkenntnis, dass Ressourcen kostbar sind, ist aber noch nicht überall im Alltagshandeln angekommen. Noch immer landen viele Rohstoffe nach der Verwendung in der Restmülltonne. Im Schnitt produziert eine Österreicherin oder ein Österreicher pro Jahr 560 Kilogramm an Haushaltsabfällen. Wobei auch Dinge zu Abfall werden, die gar nie gebraucht wurden. Beispielsweise Lebensmittel. Rund 19 Kilogramm Essen werfen die Österreicher jedes Jahr in die Mülltonne. Insgesamt sind das landesweit etwa 157.000 Tonnen verpackter und unverpackter Lebensmittel sowie Speisereste, die den Weg in den Müll finden. Das entspricht einem Wert von über einer Milliarde Euro.
Rohstoffe sind kostbar, nicht nur Lebensmittel. In den vergangenen Jahrzehnten hat sich diese Überzeugung immer mehr durchgesetzt. Hier treffen sich ökologische und wirtschaftliche Interessen. Nicht nur für Umweltbewegte, auch für knallhart kalkulierende Wirtschaftstreibende ist sparsamer Ressourceneinsatz und Recycling vernünftig. Von den heute in der österreichischen Wirtschaft eingesetzten Materialien wurden 8,6 Prozent schon vorher einmal verwendet. Beim zirkulären Materialeinsatz liegt Österreich aber noch unter dem EU-Schnitt. Genau diesen will die EU künftig anheben. Das Kreislaufwirtschaftspaket zielt auch darauf ab.
Um unsere heutige Wegwerfgesellschaft in eine Kreislaufwirtschaft zu verwandeln, muss an mehreren Stellschrauben gleichzeitig gedreht werden. Es geht darum, den Materialinput in den Produktionsprozess zu verringern und im Idealfall nachwachsende Rohstoffe als Ausgangsbasis zu verwenden. Durch kluges Produkt-Design soll eine lange Lebensdauer gewährleistet werden, was die Reparaturfähigkeit der Produkte einschließt. Gleichzeitig ist von Anfang an darauf zu achten, dass am Ende des Lebenszyklus eines Produktes die eingesetzten Materialien in anderen Produkten oder Anwendungen wiederverwendet werden können. Bei Transport und Handel ist auf die Energieeffizienz zu achten und der Bedarf an Verpackungsmaterial zu reduzieren. Verpackungen sind aus unbedenklichen und abbaubaren Stoffen herzustellen. Vor allem Plastik gilt es zu ersetzen. Mehr als neun Milliarden Tonnen Plastik hat die Menschheit bisher produziert. Nur ein geringer Teil wird recycelt oder verbrannt. 80 Prozent landen nach Gebrauch in der Umwelt. Mit entsprechenden Konsequenzen für die Natur.
Profitieren können alle: Eine gut durchdachte Kreislaufwirtschaft spart Ressourcen, schafft Jobs, produziert viel weniger Abfall und kann eine enorme Chance für innovative Unternehmen darstellen. Dies alles unter den Vorzeichen geringerer Emission. Kreislaufwirtschaft hat das Potenzial, zu einer eierlegenden Wollmilchsau im großen Maßstab zu werden. Die Unternehmens- und Strategieagentur McKinsey schätzt, dass die europäische Wirtschaft durch die Verwirklichung der Kreislaufwirtschaft jährliche Ressourcenkosten in der Höhe von 600 Milliarden Euro einsparen kann. Durch Nebeneffekte ist insgesamt ein Gesamtnutzen von 1,8 Billionen Euro im Jahr erzielbar. Ein Betrag, der die Kosten für die Transformation hin zur Kreislaufwirtschaft bei Weitem übersteigt. Vom ökologischen und sozialen Nutzen einmal abgesehen. „Was es dazu aber sicher noch stärker bedarf, sind Anreizmechanismen, die langfristiges Denken belohnen und Wegwerfer zur Kasse bitten”, ist Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Ökosozialen Forums überzeugt: „Weil sonst zahlen andere den Preis.“