Der Ausstoß von Treibhausgasen sollte rasch sinken. Aber mittlerweile reicht das nicht mehr aus. Wir müssen uns auch auf Veränderungen des Klimas einstellen. Für die Landwirtschaft ist das besonders wichtig, hängt doch unsere Nahrungsmittelversorgung davon ab.
Anfang Oktober veröffentlichte der Weltklimarat einen Sonderbericht, in dem er den politischen Entscheidungsträgern rät, bei der CO2-Reduktion möglichst rasch in die Gänge zu kommen. Auch raten die Wissenschafter – in der ihnen eigenen abwägenden Sprache – dringend an, alles zu tun, um die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Dies setzt voraus, dass der Treibhausgasausstoß ab 2020 deutlich absinkt und die anthropogene CO2‐Emissionen 2050 netto null erreichen. Von den Korallenriffen dieser Welt können wir uns wahrscheinlich mittelfristig trotzdem verabschieden.
Während Teilnehmer der Klimakonferenz im polnischen Katowice darüber berieten, ob sie den IPPC-Bericht begrüßen oder zur Kenntnis nehmen sollen, haben wir weiterhin Treibhausgase in die Luft geblasen. Während der Dauer der Konferenz allein in der EU um die 175 Mio. Tonnen.
Enorme Kosten fürs Handeln und Nicht-Handeln
Das Zögern bei Klimaschutzmaßnahmen hängt wohl auch damit zusammen, dass es mit kleinen Korrekturen nicht getan sein wird. Allein die Kosten für den notwendigen Umbau des Energiesektors dürften laut IPCC bis 2035 etwa 2,1 Billionen Euro im Jahr betragen. Ähnlich drastische Maßnahmen wären bei Verkehr und Landwirtschaft notwendig. Dennoch: Bei Tatenlosigkeit wären die Kosten zur Bewältigung der Klimafolgen noch erheblich höher. Lange Zeit war die Bekämpfung des Klimawandels das große Thema. Ab den 1990er Jahren wurden in den Debatten immer öfter auch
Anpassungsmaßnahmen thematisiert. Auch aus dem Bewusstsein, dass künftige Generationen mit den Auswirkungen leben werden müssen. Mittlerweile wissen wir, dass nicht nur unsere Kinder und Enkel mit den Folgen leben müssen, sondern wir schon heute die ersten Vorläufer spüren. Ereignisse wie die Hitzewelle im vergangenen Sommer oder die Unwetter in Kärnten werden sich häufen. Zumindest geht die Versicherungswirtschaft von einer größeren Zahl von Schadensfällen durch Naturgefahren und höheren Schadenssummen aus. Für 2017 bezifferte die Münchner Rückversicherung den verursachten Schaden durch Naturkatastrophen weltweit mit 330 Mrd. US-Dollar.
Kleine Käfer – großer Schaden
Das trifft auch die Landwirtschaft. Allein in Österreich entstand 2018 laut Hagelversicherung in der Landwirtschaft ein Gesamtschaden von 270 Millionen Euro. Zwar war der (Spät-)Frost heuer im Unterschied zu den beiden Vorjahren kein Thema. Allerdings hat der wärmste April seit dem Jahr 1800 und die damit verbundenen frühsommerlichen Temperaturen ideale Bedingungen für den Rübenrüsselkäfer geboten. Ein Drittel der heimischen Zuckerrübenanbaufläche wurde von dem ein bis eineinhalb Zentimeter großen Schädling aufgefressen. Kostenpunkt: 10 Millionen Euro.
Mit dem Pariser Klimaabkommen 2015 haben sich Maßnahmen zur Anpassung an klimawandelbedingte Auswirkungen nunmehr gleich anthropogenen Auswirkungen nunmehr gleichwertig neben dem Klimaschutz als zweite Säule der Klimapolitik etabliert. Seit 2012 gibt es eine österreichische Strategie zur Anpassung an den Klimawandel. Ziel ist es, nachteilige Auswirkungen der globalen Erwärmung auf Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft zu vermeiden oder zumindest gering zu halten. Auch in der neuen Klima- und Energiestrategie ist der Anpassung ein eigenes Kapitel gewidmet.
Für die österreichische Anpassungsstrategie wurden 14 Aktivitätsfelder identifiziert. Das erstgenannte ist die Landwirtschaft, was nicht weiter verwundert. Zählt doch die Landwirtschaft seit jeher zu den Bereichen, die von klimatischen Gegebenheiten, Wetter und extremen Witterungsereignissen besonders betroffen sind. Die Handlungsempfehlungen im Bereich Landwirtschaft reichen von Maßnahmen zur Sicherung der natürlichen Bodenfunktionen und Effizienzsteigerungen bei Bewässerung und Wassernutzung über Sortenwahl und Neuzüchtung besonderer hitzetoleranter oder wassersparender Sorten bis zur effizienten Energie- und Wassernutzung im Glashaus oder im Stall.
Klimaschutz und Klimaanpassung sind kein Entweder-Oder, sondern gehen im Idealfall Hand in Hand. Maßnahmen im einen Feld entbinden uns aber nicht, etwas im anderen Bereich zu tun. Gerade im Bereich der Landwirtschaft hängt nicht weniger als unsere Nahrungsmittelversorgung davon ab. Weil Importe werden strukturell nicht helfen, sind andere Weltgegenden doch noch stärker vom Klimawandel betroffen als Österreich.