Leerstände im Ortszentrum gehen Dörfern an die Substanz. Bei Neunutzungen ist Initiative und Kreativität gefragt. Und vor allem ein aktives Bekenntnis zur Ortskernbelebung.

Die demographische Entwicklung trifft die Dörfer vielerorts ins Herz. Aussterbende Ortskerne prägen das Bild zahlreicher ländlicher Gebiete. Der ländliche Raum überaltert und gleichzeitig finden Siedlungserweiterungen an den Ortsrändern statt. Den „Donut-Effekt“ nennt Hilde Schröteler-von Brandt, Architektur-Professorin an der Universität Siegen, dieses Phänomen: Zuerst entleeren sich die identitätsprägenden Ortszentren. Und wenn die Einwohner fehlen, rutschen auch die Handelsflächen mit ins „Donut-Loch“, weil die Kundschaft fehlt.

Leerstände im Ortskern sind in vielen ländlichen Gemeinden ein Problem, auch weil sie symptomatisch für den Abstieg sind. Die psychologische Wirkung auf die Gemeindebürgerinnen und -bürger, die verwaiste Geschäfte, überklebte Schaufenster und verfallende Fassaden vor Augen haben, tut ihr Übriges.

Aber es geht auch anders. Schon viele Gemeinden haben die Notwendigkeit erkannt, Ortskerne wieder zu beleben. Neue Nutzungen der alten Bausubstanz spielen dabei eine ganz besondere Rolle. In diesem Jahr organisierte das Architekturbüro „nonconform architektur vor ort“ bereits zum vierten Mal eine Leerstandskonferenz, bei der sich Interessierte über Maßnahmen zur Ortkernbelebung informieren konnten. In diesem Jahr standen Um- und Neubauten sowie Zwischen- und Neunutzung von Schulgebäuden im Zentrum. Klare Botschaft: Eine engagierte Gemeinde kann etwas tun, wenn außerhalb der üblichen Bahnen gedacht wird. Das garantiert vielleicht keine Trendumkehr der Bevölkerungszahlen, aber die Voraussetzungen zum Wohlfühlen sind geschaffen.

Die Ortkernbelebung und das Nutzen von Leerständen ist auch eine der Maßnahmen, zu der sich die Unterzeichner der Bodencharta bekannt haben. Auf Initiative des Ökosozialen Forums unterzeichneten im vergangenen Jahr neun weitere Organisationen – Klimabündnis, Gemeindebund, Landwirtschafts- und Umweltministerium, Landwirtschaftskammer Österreich, Umweltbundesamt, die Österreichische Hagelversicherung, Handelsverband, Bundesforschungszentrum für Wald und b5-corporate soil competence – eine Bodencharta. Damit bekennen sich die Unterzeichner dazu, den massiven Bodenverbrauch in Österreich zu stoppen und die Ressource Boden nachhaltig schützen zu wollen. Neben Maßnahmen gegen Leerstände sind in dieser Charta auch die Bewusstseinsbildung einer breiten Öffentlichkeit, der Bodenschutz bei Großprojekten und verbindliche gesetzliche Maßnahmen zum Bodenschutz gefordert.