Rund eine Million Tonnen genießbare Lebensmittel landen jährlich in Österreich im Müll – mehr als die Hälfte davon stammt aus privaten Haushalten. Das hat gravierenden Folgen für Umwelt, Gesellschaft und Wirtschaft. Um konkrete Lösungen gegen Lebensmittelverschwendung zu entwickeln, luden das Ökosoziale Forum und Die Tafel Österreich am 7. Mai 2025 zur Dialogveranstaltung „Isst das jemand?“ in die Wiener Urania. Vertreter:innen aus Landwirtschaft, Handel, Industrie und Zivilgesellschaft diskutierten Ursachen, Verantwortlichkeiten und Handlungsansätze entlang der gesamten Wertschöpfungskette. Ziel war es, neue Impulse für ein nachhaltigeres Ernährungssystem zu setzen.
Fokus auf Effizienz, Bewusstsein und Kreislaufwirtschaft
Hans Mayrhofer, Generalsekretär des Ökosozialen Forums, eröffnete die Veranstaltung mit einem klaren Appell: „Lebensmittel sind zu wertvoll, um sie zu verschwenden. Ein neues Bewusstsein und strukturelle Veränderungen sind notwendig – auf allen Ebenen.“ Er betonte insbesondere die Verantwortung privater Haushalte, die mit 54 % den größten Anteil an vermeidbaren Lebensmittelabfällen verursachen.
Alexandra Gruber, Geschäftsführerin von Die Tafel Österreich, hob die soziale Dimension hervor: „Das Potenzial für mehr Klimaschutz und Ernährungssicherheit ist enorm. Jedes weggeworfene Lebensmittel ist eines zu viel – gemeinsam können wir mehr Bewusstsein dafür schaffen, wie wertvoll unsere Nahrung ist.“
Wirtschaft und Handel als Teil der Lösung
Josef Peck, Vorstand der LGV Sonnengemüse, zeigte auf, wie durch gezielte Produktionsplanung, gut ausgebildetes Personal und enge Abstimmung mit dem Handel Lebensmittelverluste in der Landwirtschaft reduziert werden können. Die Grundlage sei eine strukturierte und bedarfsgerechte Produktion, die Überschüsse möglichst vermeidet.
Dass viele Unternehmen bereits Verantwortung übernehmen, bestätigte auch Josef Domschitz vom Fachverband der Nahrungs- und Genussmittelindustrie: „In der Industrie setzen wir auf präzisere Bedarfsplanung, Schulungen und die Verwertung von Reststoffen. Das schont Ressourcen und vermeidet unnötige Verluste.“
Ein praxisnahes Beispiel präsentierte Tanja Dietrich-Hübner Vorständin der BILLA-Stiftung Blühendes Österreich: „Mit der Eigenmarke Wunderling wird schon in der Produktion angesetzt, indem auch Produkte mit Schönheitsfehlern in den Verkauf kommen.“
Gesellschaftlicher Wandel braucht Dialog, Anreize und klare Regeln
Im anschließenden interaktiven Austausch wurden zentrale Voraussetzungen für eine wirksame Reduktion der Lebensmittelverschwendung diskutiert. Konsens herrschte darüber, dass es einen gesamtgesellschaftlichen Wandel brauche – und damit auch klare politische Rahmenbedingungen. Zu den diskutierten Maßnahmen zählten unter anderem:
- vereinfachte Regelungen für die Weitergabe überschüssiger Lebensmittel
- verstärkte Aufklärungskampagnen für Konsument:innen
- finanzielle und rechtliche Anreize für Betriebe zur Investition in ressourcenschonende Prozesse
- das Bewusstsein in der Gesellschaft zu stärken
Lebensmittelverschwendung stoppen – gemeinsam handeln
Die Veranstaltung „Isst das jemand?“ zeigte, dass die Reduktion von Lebensmittelabfällen kein Nischenthema ist, sondern ein zentrales Element nachhaltiger Entwicklung. Der offene Dialog zwischen Praxis, Politik und Zivilgesellschaft machte deutlich: Mit klaren Zielen, koordiniertem Handeln und mehr Bewusstsein für den Wert unserer Nahrung lassen sich große Schritte in Richtung Ressourcenschonung, sozialer Gerechtigkeit und Klimaschutz machen.