Industriestandort 2050: Nachhaltig & Wettbewerbsfähig?

Wirtschaft

Unter dem Motto: „Ökosoziale Wirtschaftspolitik für Österreich“ diskutierten am Donnerstag, dem 16. März, 150 TeilnehmerInnen mit hochrangigen ExpertInnen in den Räumlichkeiten der Industriellenvereinigung Österreich.

Europäische Unternehmen sind von der Erhöhung der Energiepreise im internationalen Vergleich besonders stark betroffen – von der Bäckerei über den Recycling-Betrieb bis zum Faserwerk. Auch im industriepolitischen Wettbewerb scheint Europa gegenüber anderen Weltregionen ins Hintertreffen zu geraten. Das mindert die Wettbewerbsfähigkeit, gefährdet die Existenz und befeuert Sorgen über eine Abwanderung, insbesondere von energieintensiven Betrieben. Durch Carbon Leakage ist jedoch weder dem globalen Klima noch unserem Wohlstand geholfen. Es ist also höchste Zeit, über Maßnahmen zur Haltung und Rückholung europäischer Unternehmen ernsthaft zu diskutieren. Denn das trägt neben der Standort- und Arbeitsplatzsicherung vor allem auch zum Umwelt- & Klimaschutz, nicht zuletzt aufgrund hoher europäischer Standards, bei.

Bei der gemeinsamen Eröffnung betonten Peter Koren (Vize-Generalsekretär der Industriellenvereinigung) und Hans Mayrhofer (Generalsekretär des Ökosozialen Forums Österreich & Europa) die Notwendigkeit einer „Allianz der konstruktiven Kräfte“ im Bereich Wirtschaft, Umwelt und Soziales. Mayrhofer führte aus:  „Die USA ist auf dem Vormarsch in Sachen grüne Innovation. Stichwort Inflation Reduction Act. Europa hat hier in vielen Bereichen (noch) die Nase vorne. Dies ist jedoch gefährdet, das sagt auch die Europäische Investitionsbank. Damit wir tonangebend bleiben, braucht es dringend Investitionen, speziell in den Bereichen Verkehr, Netze, erneuerbare Energie sowie Kreislaufwirtschaft und Bioökonomie. Die Klima- und Transformationsoffensive der Bundesregierung darf hier nicht der letzte Schritt bleiben“.

Gabriel Felbermayr (Direktor des Österreichischen Institutes für Wirtschaftsforschung – WIFO) setzte in seiner Keynote die Entwicklung in Österreich in einen europäischen und internationalen Kontext und betonte die Notwendigkeit von durchdachten, langfristigen Politik-Entscheidungen. Die Ökosoziale Marktwirtschaft ist für ihn zu einem „Exportschlager“ geworden, da sich die mit der Idee verbundenen Governance-Strukturen mittlerweile auch in anderen Ländern, wie etwa Deutschland, in den Regierungsprogrammen wiederfinden. Siehe auch: „Industriepolitik nach der geopolitischen Zeitenwende” (WIFO Monatsberichte 1/2023, S. 3-18). 

Im Anschluss diskutierte Gabriel Felbermayr mit Wilhelm Molterer (Vizepräsident des Ökosozialen Forums Österreich & Europa), Robert Schmid (Schmid Industrieholding GmbH) und Sonja Starnberger (Geschäftsführerin Energieinstitut der Wirtschaft) unter der Moderation von Rebekka Salzer (ORF). Die Kernaussagen der Diskussion lassen sich wie folgt zusammenfassen: Wir brauchen Industrie und Produktion (nicht nur Dienstleistung) und eine funktionierende Wirtschaft als Grundlage für unser Leben: vom Haus über die Kleidung bis zum Windrad und dem Essen am Teller. Wir müssen aber auch unsere sozialen Errungenschaften verteidigen (wir werden nie mit Kinderarbeit oder ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen konkurrieren können und wollen das auch nicht) und den sozialen Frieden wahren. Die Menschen in Österreich sind ein entscheidender Wettbewerbsvorteil und Basis für unsere Lebensqualität. Eine intakte Umwelt ist die Basis, damit auch noch unsere Kinder gut leben können.

Wie kann man wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, soziale Fairness und Umweltschutz vereinen? Für das Podium ist ein zentraler Lösungsweg, einen ernsthaften Diskurs auf Augenhöhe zu suchen und echte Kompromissbereitschaft zu suchen (über vermeintlich unverhandelbare rote Linien hinweg). Insbesondere gilt es, in der Debatte alle Teile der Gesellschaft mitzunehmen – Jung und Alt, Stadt und Land, Arm und Reich. Und: Jeder hat das Recht auf eine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten. 

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