Geflügelbranche: Zukunft zwischen Preisdruck und fleischlosen Ersatzprodukten

Presseaussendung

Wintertagung 2024, Fachtag Geflügelhaltung: Zukunft der Branche nachhaltig sichern. Innovative Wege gehen.

Am Fachtag Geflügelhaltungder 71. Wintertagung des Ökosozialen Forums diskutierten Branchenvertreter:innen nachhaltigeStrategien zur Stärkung des Geflügelmarkts in Österreich.Die heimischeGeflügelbranche ist massiv von der Teuerung betroffen. Das äußert sich in sinkenden Absatz-bei gleichzeitig stark steigenden Importzahlen.

Franz Sinabell,Agrarökonomam WIFO,identifizierteim Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine die Hauptursache für denstarken Anstieg bei den Lebensmittelpreisen in Österreich. Den Beitrag der Landwirtschaft an denPreissteigerungen sieht der differenziert: „Ein Anstieg bei den Preisen für Agrargüter führt typischerweise nach einiger Zeitzu einem Anstieg der Lebensmittelpreise. Allerdings ist der umgekehrte Effekt nicht so automatisch gegeben. Ein Grund dafür ist, dass in den Lebensmittelkosten sehr viel Energie und Arbeit stecken. Lohnerhöhungen zum Beispiel werden auf die Preise der Lebensmittel umgelegt. Die Preise für Agrargüter sind also ein Mitgrundfür die Lebensmittelpreise,der Großteil der Kosten wirdabervon Faktoren wie Energie, Verpackung, Kühlung, Pasteurisierung und Arbeitskraft bestimmt“, so Sinabell.

Branche besonders von Teuerung betroffen

Diehohen Qualitätsstandards der österreichischen Geflügelhaltungstellen die Branche angesichtsder Teuerung vor zusätzlicheHerausforderungen. „Die heimische Geflügelbranche hat mit großem Einsatz und maßgeblichen Investitionen die –von der Gesellschaft und dem Lebensmittelhandel geforderten –hohen Tierschutzstandards erfüllt. Damit sich diese Mühen für die Betriebe auch langfristig rechnen, muss das, was bestellt wird, auch bezahlt werden und mit geringen Standards produzierten Billigprodukten aus dem Ausland ein Riegel vorgeschoben werden“, brachteMaria Pein, Vizepräsidentin der LK-Steiermark, ihre Forderungen auf den Punkt.

Markus Lukas, Obmann der Geflügelwirtschaft Österreich, nanntemögliche Lösungsansätzefür die Stärkung desGeflügelmarkts:„Aufgrund der hohen gesellschaftlichen Erwartungen,aber auch der kleinen Strukturen kann Österreich nur eine qualitätsorientierte Geflügelhaltung betreiben. Diese Strategie war bisher auch erfolgreich. Zur Absicherung der hohen Standards braucht es aber begleitende Maßnahmen insbesondere in Form einer verbesserten Produktkennzeichnung, damit sich die Konsumentinnen und Konsumentenbewusst für hochwertige heimische Qualität entscheiden können. In öffentlichen Einrichtungen müssen jedenfallsdie vom 

Gesetzgeber vorgegebenen nationalen Qualitäts-und Haltungsstandards beim Einkauf von tierischen Lebensmitteln eingehalten werden.“

Geflügelwirtschaft mussMarkttrends geschickt nutzen

Der Trend zu pflanzlichen(oder fleischlosen)Ersatzprodukten ist auch in der Geflügelwirtschaft immer stärker spürbar. So werden in Finnland beispielsweise tierfreie Eiproteine durch Präzisionsfermentation hergestellt. Wilhelm Windisch, Experte für Tierernährung an der TU München,siehtin pflanzlichenErsatzprodukten vielmehr eineBereicherung alseine Substitution: „Alternative Lebensmittel werden oft als bahnbrechende Innovationen gelobt oder mit grundsätzlicher Ablehnung bedacht. Die Wahrheit liegt meist in der Mitte: Sie können das Portfolio der menschlichen Nahrung durchaus sinnvoll bereichern, ohnedie fundamentale Rolle der Nutztiere als Verwerter von nicht-essbarer Biomasse ernsthaft in Frage zu stellen.“

Wie die Geflügelwirtschaft Markttrends für sich nutzen kann, stand im Mittelpunkt der Podiumsdiskussion des Fachtages.Peinunterstrich Österreichs Vorreiterrolle hinsichtlich betriebswirtschaftlicher Daten und Dokumentation und hob die Krisenresilienz der bäuerlichen Familienbetriebe hervor. Deren Zusammenhalt sei in Europa einzigartig. Das bestätigte auchNina Schweinzger, Landwirtin aus Labuttendorf. Sie betonte den Stellenwertvon starken Netzwerken für Innovation.Grundlage dafür sei vor allem die exzellente Ausbildung und Beratungin der heimischenGeflügelwirtschaft. GregorWalcher-Eichinger, Bereichsleiter für Qualitätsmanagement in der AMAsiehtdie starke Nachfrage nachTierwohl-Produktenals wichtigen Markttrend. Um diesen zu unterstützen,forderte er eine authentische Kommunikation zur Stärkung des Konsumentenvertrauens. Lukashob die Vorteile einer Haltungsformkennzeichnung für einen besseren internationalen Vergleichhervorund verwies dabei auf die aktuelle Diskussion in Deutschland. Abschließend thematisierte Verena Rückervom Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutzdie Verbreitung von Krankheiten in der Geflügelbranche. Sie sieht in der engen Zusammenarbeit aller Beteiligten, den Schlüssel zur Prävention–Österreichs sei hierauf einem besonders guten Weg.

71. Wintertagung: Wir leben Innovation aus Tradition!

Die Wintertagung des Ökosozialen Forums findet von 23. Jänner bis 1. Februar 2024 statt und widmet sich an elf Fachtagen in verschiedenen Orten Österreichs den aktuellen Fragen der Agrarbranche. Eine Teilnahme ist sowohl vor Ort als auch online möglich. Detaillierte Informationen zur Wintertagung 2024 sowie zur Mediathek finden sich unter wintertagung.at.

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