Bauern bei Weinlese

Fachtag Weinwirtschaft 31.01.2018

Wintertagung

Die Weinbranche gilt schon lange als eine der innovativsten in der österreichischen Landwirtschaft. Mit Landwirtschaft 4.0 oder ihrer Vorstufe, der Präzisionslandwirtschaft, öffnen sich aber auch ihr bislang ungekannte Dimensionen – im Weingarten, im Keller, in der Vermarktung. Ob Chlorophyllanalysen zur frühzeitigen Erkennung von Rebkrankheiten oder Tools zur Rückverfolgbarkeit des Weins bis zum Rebstock: Digitale Daten sind der Schlüssel zum Erfolg. Aber welche Daten benötige ich wofür? Und (wie) kann auch mein Betrieb von der Digitalisierung profitieren?

  • Digitalisierung – gerade in der Flächenverwaltung – ist in der österreichischen Weinwirtschaft bereits Standard.
  • Digitale Tools im Weingarten verbessern Pflanzengesundheit durch gezielte Pflanzenernährung, viele Anwendungen sind aber noch im Versuchsstadium.
  • Die digitale Vermarktung ist insbesondere in der Weinbranche zu einem unverzichtbaren Absatzweg herangewachsen.

Rahmenbedingungen für eine digitalisierte Weinwirtschaft

Was gibt es überhaupt? Und wie nützlich ist es? Auch wenn digitale Tools in der Weinbranche bereits Wurzeln geschlagen haben, stellen sich diese Fragen auch heute noch. Der erste Block verschaffte daher einen facettenreichen Überblick über die vielfältigen Möglichkeiten, die erst dank digitaler Anwendungen entstehen. Auch die Einführung des Weinbaukatasters war etwa zu Beginn eine Überwindung für viele Weinbäuerinnen. Mittlerweile konnte jedoch eine einheitliche Datenbank geschaffen werden, die u. a. für Konsumentinnen und Konsumenten Nachvollziehbarkeit und Transparenz schafft. 

„Neue Technologien haben die Menschheit in der Landwirtschaft schon immer begleitet“, so Alois Geyrhofer von der Höheren Bundesanstalt und Bundesamt für Wein- und Obstbau in Klosterneuburg. Denn seit jeher strebt man danach, die Arbeit zu erleichtern und den ökonomischen Erfolg zu verbessern. Noch sind so manche digitale Tools – gerade im Weingarten – nicht für alle Betriebe sinnvoll, doch künftig wird der Zustand der Rebe auch außerhalb von Forschungsstationen kinderleicht digital diagnostizierbar und entsprechende Anwendungen für die Betriebe wirtschaftlich leistbar werden – etwa über die Messung der Blatttemperatur, der Blattfeuchte oder der Astbreite. Vermehrt werden Entscheidungen auch im Weingarten auf Basis von digitalen Daten getroffen werden. Wer aber welche Daten verwenden darf, ist derzeit noch unklar und bedarf – wie alle neue Entwicklungen – einer umfassenden Regulierung.

Digitalisierung im Weingarten

So unterschiedlich die Trauben und Weine, so unterschiedlich die Daten, die vielfältige Sensoren ausgeben. „Man muss mit den Daten auch etwas machen, einfach mal messen ist leicht“, so Michaela Griesser von der Universität für Bodenkultur, die sich mit der Entschlüsselung der Sprache der Weinreben befasst. Eine Datenwolke ist dabei schnell geschaffen, die Auswertung, um daraus sinnvolle, praxistaugliche Anwendungsmöglichkeiten für den Betrieb zu generieren oder auf dieser Basis Aussagen treffen zu können, stellt hingegen teilweise noch eine große Herausforderung dar. 

Mittlerweile ist es allerdings möglich, den spezifischen Wasserstress der Rebe zu messen und diese in Folge so zu bewässern, dass sich die Charakteristika der Traube gezielt im gewünschten Maß ausprägen. Auch die Früherkennung von Rebkrankheiten etwa über Chlorophyllanalysen bietet die Chance, ein ebenso unabkömmliches Tool zu werden, wie es der Weinbaukataster heute schon ist. Zur Abbildung der Chlorophyllgehalte könnten beispielsweise Drohnen eingesetzt werden, die zeit- und kostenintensive behördliche Monitorings ersetzen. Derzeit sind diese noch, wie viele andere Anwendungen, im Anfangsstadium, doch die Forschung im Bereich der digitalen Weinwirtschaft steht in voller Blüte. Um in einigen Jahren aus dem Vollen schöpfen zu können, erscheint es besonders wichtig, heute schon an morgen zu denken, bei Neupflanzungen die künftigen technischen Möglichkeiten zu berücksichtigen und folglich die Kultur entsprechend vorzubereiten.

Digitalisierung in Keller und Vermarktung

Während die Digitalisierung auf den Rebflächen noch in ihren Kinderschuhen steckt, ist der Einsatz digitaler Tools in Keller und Vermarktung auch in der Praxis bereits weit verbreitet. Präzise Abstimmung etwa von Gärungsprozessen ist in der Kellerwirtschaft nicht wegzudenken, entsprechend etabliert sind die Systeme. 

Gerade aber die im Online-Zeitalter gewonnenen zusätzlichen Vermarktungsmöglichkeiten ziehen aufgrund der nun vorherrschenden Vermarktungsvielfalt (ab Hof, eigener Onlineshop, externer Onlineshop, Verkaufsstellen) die Notwendigkeit einer perfekten Abstimmung unterschiedlichster Prozesse mit sich – also das Schaffen vernetzter Schnittstellen. Mehr Transparenz und eine lückenlose Rückverfolgbarkeit – Schlagwörter, die aktuelle KonsumentInnenforderungen wiedergeben und dank Digitalisierung keine leeren Worthülsen bleiben müssen: Dank der Vernetzung von Schnittstellen ist es nicht nur möglich zu wissen, wo sich die Rebe, die zu meinem Wein gehört, sondern auch, wo sich der Wein, der aus den Reben erzeugt wurde, befindet – von Tracking und Tracing profitieren also ProduzentInnen und KonsumentInnen gleichermaßen.

Gerade für Kleinbetriebe ist dies eine große Herausforderung, aber auch Chance, wollen sie neben den großen Playern reüssieren. Neben der Etablierung von Warenmanagementsystemen kann die Auslagerung der Weinvorräte und die kollektive Logistik einen effizienten Lösungsansatz – nicht nur für Kleinbtriebe – darstellen. Während KleinwinzerInnen für den Verkauf des Weins immer vor Ort sein müssen, haben große Betriebe unter Umständen lange Reaktionszeiten, was jeweils durch Zusammenschlüsse vermieden werden kann. Auch das Generieren neuer Kundinnen und Kunden kann insbesondere auch für Kleinbetriebe durch digitale Anwendungen erleichtert und optimiert werden. Social Media konnte sich bereits durchsetzen, neuartige Anwendungen wie etwa Virtual-Reality-Tools, um potenzielle KundInnen „direkt“ in den Weingarten zu holen, bieten neuartige – und im Vergleich zu herkömmlichen Marketingstrategien oftmals preisgünstigere –Möglichkeiten. Onlineshops bieten zudem auch für kleinstrukturierte Weinbäuerinnen und Weinbauern das Potenzial, am nationalen Markt mitspielen und überregionale KundInnen gewinnen zu können. 

„Der Onlinehandel von Wein ist inzwischen schon Normalität geworden“, so Markus Österreicher von WEIN & CO. Der Umsatz des österreichischen Internet-Einzelhandels liegt mittlerweile bei 3,4 Milliarden Euro. Um am Puls der Zeit zu sein, sollte man also auch selbst einen Webshop betreiben oder die Produkte über eine externe Online-Plattform vertreiben. Der Online-Shop bietet für die immer kritischeren KonsumentInnen mit dem Angebot von Erfahrungsberichten einen entscheidenden Vorteil – die präzise Rückverfolgbarkeit dank digitaler Tools kommt dabei als Kaufargument gleich noch dazu.