Bäuerinnen und Bauern brauchen praktikable Pflanzenschutz-Bestimmungen 

Presseaussendung

Pauschale Reduktionsverpflichtung in der Kritik. Branchenforderung nach faktenbasierter Regelung mit Augenmaß und Unterstützung für integrierten Pflanzenschutz. 

 Wien. Beim Fachtag Gemüse-, Obst- und Gartenbau der 71.Wintertagung des Ökosozialen Forums am 24. Jänner an der HBLFA Schönbrunn hat das Thema Pflanzenschutz die Diskussion bestimmt. Das Europäische Parlament hat der geplanten Pflanzenschutz-Verordnung, der „Sustainable Use Regulation“ (SUR), im November 2023 eine Absage erteilt. Vor allem die pauschale Reduktionsverpflichtung und das gänzliche Anwendungsverbot von Pflanzenschutzmitteln in sensiblen Gebieten standen in der Kritik. 

Europaabgeordneter Alexander Bernhuber erklärte: „Wir haben uns bis zum Schluss für realistische und praktikable Lösungen für nachhaltige Pflanzenschutzreduktion eingesetzt. Angesichts der aktuellen Krisen wäre es verantwortungslos, die europäische Lebensmittelproduktion durch starre, realitätsfremde Vorgaben und überbordende Bürokratie zu gefährden. Unsere Landwirte brauchen Flexibilität und einen vollen Werkzeugkoffer bei den Betriebsmitteln, um die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln garantieren zu können.“ 

Faktenbasierte Folgenabschätzung nötig 

Die Branchenverbände setzen sich für eine evidenzbasierte Politikgestaltung im Bereich des Pflanzenschutzes ein. Eine solche bietet für Deutschland das Dienstleistungszentrum Ländlicher Raum Rheinpfalz. Der dortige Abteilungsleiter für Gartenbau, Norbert Laun, stellte die Engpass-Analyse für Pflanzenschutzmittel vor. Dieses in Rheinland-Pfalz entwickelte Analysemodell zeigt die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmitteln im Zeitverlauf und soll eine sachgerechte Grundlage für eine Diskussion über Pflanzenschutzmöglichkeiten bieten. Es ist online abrufbar. Das Tool ermöglicht einen Faktencheck für die Zahl an Wirkstoffen und -mechanismen, die im Zeitraum ab 2010 bis heute verfügbar waren und sind. „Datenbasis sind historische und aktuelle Zulassungsdaten. Damit kann in Verbindung mit einer fachlichen Einschätzung die Verfügbarkeit von Pflanzenschutzmittel für Deutschland einfach und schnell bewertet werden“, so Laun. 

Siegrid Steinkellner, Leiterin des Instituts für Pflanzenschutz an der Universität für Bodenkultur Wien, sieht die Forderung der Gesellschaft nach pestizidfreien Lebensmitteln als richtungsweisend: „Diese Forderung stellt aber eine Herausforderung für den Erwerbsanbau dar. Eine nachhaltige Produktion kann nicht allein auf Produzent:innen abgewälzt werden, sondern muss vom Handel und der Gesellschaft mitgetragen werden. Die Grundpfeiler des integrierten Pflanzenschutzes 

müssen stärker in den Fokus rücken – nicht nur in der praktischen Umsetzung, sondern auch in der Kommunikation.“ 

Sachliche Informationen aufbereiten und kommunizieren 

Die Podiums- und Publikumsdiskussion des Fachtags behandelte den Pflanzenschutz in der Praxis. Zusammen mit Bernhuber und Steinkellner machten Paul Krennwallner vom Fachverband der Chemischen Industrie und Herbert Muster, Obstbau-Referatsleiter der LK-Steiermark, sowie Karl Auer, Präsident des Bundesgemüsebauverbands Österreich, das Podium komplett. Steinkellner wies im Rahmen dessen auf kommunikative Herausforderungen im Wissenstransfer hin. Insbesondere komplexe Forschungsthemen seien oft nicht praxisnah genug. Auch Bernhuber teilte diese Einschätzungen und betonte die Bedeutung der ganzheitlichen Kommunikation außerhalb der fachlichen Blase, speziell mit zukünftigen Meinungsbildner:innen. Krennwallner sah in der fakten- und wissenschaftsbasierten Information die Basis für fundierte Konsum- und Politikentscheidungen. Schlussendlich sprachen sich Muster und Auer für eine Angleichung der Pflanzenschutzstandards in Drittländern aus, um Umwelt- und Sozialaspekte nicht nur EU-weit, sondern global zu verbessern. 

Weitere Tagungsschwerpunkte des Fachtags Gemüse-, Obst- und Gartenbau widmeten sich der Nachhaltigkeit in der Produktion sowie der Stärkung der Wirtschaftlichkeit, wobei ein großes Augenmerk auf verschiedene Möglichkeiten gelegt wurde, Arbeitskräfte für die Produktion zu gewinnen und zu halten. 

71. Wintertagung: Wir leben Innovation aus Tradition! 

Die Wintertagung des Ökosozialen Forums findet von 23. Jänner bis 1. Februar 2024 statt und widmet sich an elf Fachtagen in verschiedenen Orten Österreichs den aktuellen Fragen der Agrarbranche. Eine Teilnahme ist sowohl vor Ort als auch online möglich. Detaillierte Informationen zur Wintertagung 2024 sowie zur Mediathek finden sich unter wintertagung.at. 

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