EU-Klimapaket und die österreichische Klimapolitik

Klima/Umwelt/Ressourcen

Hochwässer, Waldbrände und andere katastrophale Ereignisse im heurigen Sommer zeigen, dass uns im Klimaschutz langsam die Zeit davonläuft. Mit dem im Sommer 2021 präsentierten Klimapaket „Fit for 55“ will die Europäische Kommission Europa zum ersten klimaneutralen Kontinent machen. Gleichzeitig plant die österreichische Bundesregierung, den zweiten Teil der Ökosozialen Steuerreform – mit der Einführung eines CO2-Preises und gleichzeitigen Entlastungsmaßnahmen – im kommenden Jahr umzusetzen. 

Im zweiten Teil unserer Gesprächsreihe zur Ökosozialen Steuerreform haben wir gemeinsam mit Klima-Sektionschef Jürgen Schneider und Jozef Vasak von der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich genau diese Themen diskutiert.

Das gesamte Gespräch können Sie hier nachhören:

Jozef Vasak skizzierte zu Beginn der Diskussion die konkreten Inhalte des EU-Klimapakets. Unter anderem soll das EU-Emissionshandelsystem um die Bereiche Verkehr und Gebäude erweitert werden. Die Richtlinie für erneuerbare Energien verfolgt das Ziel den Anteil von 20% auf 40% erneuerbare Energien bis 2030 zu steigern. Im Bereich Mobilität besteht ebenfalls rascher Handlungsbedarf: um ganze 90% müssen die Emissionen des Verkehrssektors, welche nach wie vor zunehmen, bis 2050 reduziert werden. Vorgeschlagene Maßnahmen hierfür sind z.B. Investitionen in bessere Bahninfrastruktur und öffentliche Verkehrsmittel, Kostenwahrheit für Kraftstoffpreise und Straßenbenutzungsgebühren sowie strengere Emissionsnormen für PKW und Nutzfahrzeuge. Zentrale Ansatzpunkte im Gebäudesektor sind die thermische Sanierung und klimafreundliche Wärme- und Kälteerzeugung sowie eine Modernisierung der Bauvorschriften.

Die detaillierte Präsentation zu den Inhalten des EU-Klimapakets „Fit for 55“ können Sie hier downloaden.

Die soziale Verträglichkeit all dieser Maßnahmen spielte in der Diskussion eine zentrale Rolle. „Wichtig sei es hier nicht gegen sondern mit der Bevölkerung zu arbeiten, sonst würde Klimapolitik schlichtweg nicht funktionieren“, so Schneider. Als Maßnahme auf EU-Ebene stellt Vasak den neuen Klima-Sozialfond vor. Ganze 72 Milliarden Euro sollen von 2026 bis 2032 für EU-Mitgliedsstaaten in Form von Förderungen für Investitionen bis hin zu direkten Beihilfen zur Verfügung stehen. Diese sollen aus den Einnahmen des Emissionshandels für Gebäude und Straßenverkehr stammen.

„Natürlich müssen wir mehr und schneller in Erneuerbare investieren. Aber wir müssen auch vermeiden, dass der Klimaschutz zu einer permanenten Sozialfrage wird.  Wir wissen, dass mittelfristig die Vorteile des grünen Übergangs ankommen werden. Aber kurzfristig werden Kosten anfallen. Es wird Härtefälle geben. Speziell zu Beginn dieser Transformation müssen wir sicherstellen, dass niemand zurückgelassen wird.“  

Jozef Vasak, Berater für wirtschaftspolitische Koordinierung, Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich

Neben dem Abbau von Ungleichheiten wurde auch die Frage der Rechtssicherheit ins Spiel gebracht. Hier argumentiert Schneider mit der Aussicht auf langfristige Stabilität. Es ginge nicht immer nur darum auf Verordnungen und Vorschriften zu warten, denn Klimaneutralität sei mittlerweile eine Sache die langfristig der einzige richtige Weg sei. Dasselbe gelte für die Wahl der Instrumente zur CO2-Bepreisung. Ob Handelssystem oder Besteuerung, jedes dieser Systeme habe seine Vor- und Nachteile. Wichtig sei jedenfalls, das System möglichst unbürokratisch und wirksam zu gestalten und durch die Maßnahmen keine sozialen Härten zu erzeugen und die Wirtschaft nicht zu schädigen.

Zentral ist, dass Österreich beim Klimaschutz nicht bloß als Mitläufer wahrgenommen wird, sondern eine Vorreiterrolle einnimmt. Das EU-Paket kann dabei Rückenwind geben. 

Jürgen Schneider, Leiter der Sektion „Klima und Energie“, Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie

Das Themenfeld ist zwar vielfältig, aber eines sticht in der Diskussion klar hervor: wir sitzen alle in einem Boot und es bedarf des Mitwirkens von allen, um das Ziel der Klimaneutralität tatsächlich auch zu erreichen. „Nur gemeinsam kann uns der Weg zur Klimaneutralität gelingen, und zwar so, dass alle auch etwas davon haben“, so Vasak. Die EU habe zwar das historisch größte Budget beschlossen, aber auch dem seien Grenzen gesetzt. Das Ziel müsse zudem sein, private Investitionen in eine grüne Transformation zu forcieren.