Banane auf Teller

Auswirkungen des Klimawandels auf unser Essen

Klima/Umwelt/Ressourcen Landwirtschaft Wirtschaft

Die Landwirtschaft ist zu 80 % vom Wetter abhängig. Durch den Klimawandel mehren sich Extremwetterereignisse wie Starkregen, Hitzeperioden, Spätfröste etc., die bei Pflanzen und Tieren zu Stress führen und damit die Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln gefährden können. Auf Einladung des Ökosozialen Forums Österreich und in Kooperation mit dem Umweltdachverband, dem dem Boku Zentrum für Agrarwissenschaften und dem forum. ernährung heute diskutierten unter dem Titel „Auf dem Weg zur Bananenrepublik?“ namhafte ExpertInnen aus Politik, Wirtschaft und Forschung über die Auswirkungen des Klimawandels auf unser Essen: Michael Staudinger, Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik, Martin Schönhart, Senior Scientist am Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Universität für Bodenkultur Wien, Marlies Gruber, Geschäftsführerin des forum. ernährung heute und Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt.

Klimawandelauswirkungen werden langsam sichtbar

Der durch den Menschen verursachte Klimawandel führte dazu, dass die globale Temperatur innerhalb eines – erdgeschichtlich gesehen – relativ kurzen Zeitraums von einigen Jahrzehnten stark zugenommen hat (und – so die Prognose – weiter steigt). Seit 1880 ist die globale Temperatur um 0,85° C gestiegen. Im Alpenraum und somit im Großteil Österreichs fiel der Anstieg noch höher aus. in den vergangenen 150 Jahren stieg die Jahresmitteltemperatur um 2° C, Tendenz weiter steigend, sagt Michael Staudinger vom ZAMG.

Extreme werden mehr

Der Klimawandel beeinflusst das Wetter regional und jahreszeitlich sehr unterschiedlich. Global gesehen ist jedoch überall eine Zuspitzung der Wettersituation zu beobachten. Generell werden in Österreich die Sommer heißer und niederschlagsärmer, was eine Zunahme der Hitzetage zeigt. Dies führt zu vermehrtem Hitze- und Trockenstress bei Nutzpflanzen und zu einer Verringerung der Erträge. Auch wenn der Niederschlag insgesamt geringer wird, treten mehr starke Niederschläge auf, sind sich Martin schönhart und Michael Staudinger eing. Die Häufigkeit von Regen der starken Niederschlagsklassen nahm um 15 % zu. In der Weststeiermark wurde im ersten Halbjahr 2018 sogar eine Zunahme um 30 % zum vergleich der Vorjahre verzeichnet. Dies führte zu starken Abschwemmungen und Überflutungen. Die Ursache ist in der stärkeren Erwärmung der Luft zu finden, die dadurch ein größeres Wasseraufnahmevermögen besitzt, diese begünstigt höher gelegene und größeren Wolken. Entladen sich diese punktuell, führt das zu großen Niederschlagsmengen in kurzer Zeit, ergänzt Jürgen Schneider.

Erträge schwanken stärker, Nahrungsverfügbarkeit wird unsicherer.

Diese Entwicklung hat auf die Produktion von Lebensmitteln unmittelbare Auswirkungen – nicht ausschließlich ungünstige. So verlängerte sich die Vegetationsperiode von 1986 und 2010 auf 212 Tage, was beispielsweise durch eine immer frühere Marillenblüte zu beobachten ist. Parallel dazu nimmt aber die Gefahr von Spätfrost zu. Dieser hat in den vergangenen Jahren rund zwei Drittel der Ernte vernichtet, berichtet Staudinger.

Die Verlängerung der Vegetationsperiode und die Zunahme von CO2 in der Luft und dem daraus resultierenden Düngungseffekt wirken sich positiv auf den Ertrag aus. Jedoch ist, laut derzeitigen Prognosen, langfristig in vielen Gegenden insgesamt mit Ertragseinbußen zu rechnen, wenn keine optimale Anpassung gelingt.

Die Erhöhung der jährlichen Durchschnittstemperatur ist besonders für das Pflanzenwachstum, die Pflanzenfruchtbarkeit und im speziellen für Getreidekulturen der derzeit üblichen Sorten von Nachteil. Darüber hinaus bewirkt eine höhere Temperatur einen höheren Energie- und Wasserverbrauch der Pflanze. Durch vermehrte Extremwetterlagen kann es immer wieder zu massiven Kulturschäden durch Hagel, Spätfrost und Starkregen kommen, die einen hohen Ertragsverlust bedeuten können. Dies kann die Nahrungsmittelverfügbarkeit in gewissen Regionen stark beeinflussen, mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preise. In den Jahren 2007 und 2008 waren für den überlasteten Getreidemarkt nur relativ geringe Ernteverluste in Australien (verursacht durch Hitzewellen) notwendig, um kombiniert mit hohen Ölpreisen und zweifelhaften politischen Entscheidungen die weltweite Nahrungsmittelkrise von 2007/08 zu verursachen. Das Ergebnis war eine Verdoppelung der Getreidepreise und Unruhen aufgrund von Nahrungsmittelknappheit in dutzenden Ländern.

Je nach Szenario werden 2050 zwischen 7 und 11 Milliarden Menschen unserem Planeten leben. Dies führt auch zu einem weltweiten Anstieg des Nahrungsmittelverbrauchs. Durch die Kombination von höherer Nachfrage und geringerem Angebot aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels wird eine Steigerung der Lebensmittelpreise bis 2050 um bis zu 40 % erwartet. Martin Schönhart plädiert daher dafür, die Lagerkapazitäten, die in den letzten Jahren zurückgefahren wurden, wieder auszubauen, um große Preis-Schwankungen abfedern zu können. Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die künftigen Ernährungsgewohnheiten der Weltbevölkerung allgemein, hier sind je nach Szenario Treibhausgaseinsparungen von 20 bis 30 % möglich, sagt Jürgen Schneider.

Langwieriger Prozess

(Pro-)aktive Klimawandelanpassung ist keine Einmalaktion, sondern ein ständiger, langwieriger Prozess, der stetig und konsequent verfolgt werden muss. Um die Klimawandelauswirkungen ansatzweise in den Griff zu bekommen, muss an zwei Stellschrauben gedreht werden. Erstens gilt es, das weitere Fortschreiten der Erderwärmung möglichst einzudämmen und zweitens muss durch Klimaanpassungsmaßnahmen (wie Züchtungen hitzeresistenter Sorten, ....) dafür gesorgt werden, dass landwirtschaftliche Produktion weiterhin möglich ist, so Schneider.

Um dies zu gewährleisten wurde in Österreich vom Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus eine Klimaanpassungsstrategie entworfen. Parallel dazu zielt die #mission2030 (die Klima- und Energiestrategie) darauf ab, die österreichischen Hausaufgaben zur Paris-Vereinbarung zu leiten.

Zu den Anpassungsstrategien, um die Lebensmittelproduktion dauerhaft abzusichern, zählt die nachhaltiger Erhaltung der Böden. Boden bindet nicht nur CO2, er dient auch der Nährstoffspeicherung und der Wasserversorgung und -Filterung. Das ÖPUL-Programm enthält bereits etliche Maßnahmen im Bereich Bodenschutz. Jedoch müssen solche Programme weiter ausgebaut werden, um die Erhaltung von fruchtbarem Boden noch stärker fördern zu können.

Weiters ist eine Förderung der Züchtung von angepassten Sorten wichtig. Im Pflanzenbaubereich betrifft dies vor allem hitze- und wasserstressresistente Sorten. Durch die häufiger werdenden Extremwetterereignisse steigt auch das wirtschaftliche Risiko der landwirtschaftlichen Produktion. Um dieses Problem zu minimieren ist u. a. die Weiterentwicklung von Versicherungsmodellen und der Ausbau bestehender Ansätzen (Mehrgefahrenversicherung) von Bedeutung.

Insgesamt wird der Spielraum, um den Klimawandel zu stoppen bzw. zu managen, stetig kleiner. „Wir haben keine Möglichkeit bei den Mittel wählerisch zu sein, wenn wir die Pariser Klimaziele erreichen wollen,“ betonte Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt.

 

v.l.n.r.: Marlies Gruber, Geschäftsführerin des forum. ernährung heute; Martin Schönhart, Senior Scientist am Institut für Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung der Universität für Bodenkultur Wien; Jürgen Schneider vom Umweltbundesamt und Michael Staudinger, Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie auf unserem Factsheet

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