V.l.n.r: Stephan Pernkopf, Markus Reisner, Rebekka Salzer, Gerhard Christiner

Sind Versorgung und Sicherheit noch planbar?

Gesellschaftspolitik Klima/Umwelt/Ressourcen

Aktuell steht in der Debatte um unsere Energieversorgung die Leistbarkeit im Mittelpunkt. Versorgungssicherheit ist aber auch eine Frage von Strukturen und Verlässlichkeit. Und diese können teilweise in Konkurrenz zu ökonomischen, ökologischen und sozialen Zielen stehen.  In einer vom Ökosozialen Forum organisierten Diskussion widmeten sich am 13. Dezember 2022 APG-Vorstand Gerhard Christiner, Oberst Markus Reisner und Ökosoziales-Forum-Präsident Stephan Pernkopf unter der Leitung von ORF-Moderatorin Rebekka Salzer den Fragen: Welche Ereignisse können die Versorgung stören? Wie wahrscheinlich sind diese? Und wie können (und wollen) wir uns zu welchem Preis und zu welchen geopolitischen, ökonomischen, ökologischen und sozialen Bedingungen absichern?

Markus Reisner, Oberst des Generalstabsdienstes und Garde-Kommandant des Österreichischen Bundesheers, wies darauf hin, dass Vorsorge bedeutet, sich mit möglichen Gefahren auseinanderzusetzen, ohne mediale Effekthascherei und Schlagzeilenpolitik. Resilienz ist das Gebot der Stunde, dabei sei Eigeninitiative jedes und jeder Einzelnen gefragt. Nur so können staatliche Akteure wie die Polizei, das Bundesheer oder der Katastrophenschutz, im Ernstfall ihre Aufgaben erfüllen. Zur Illustration brachte Reisner ein plakatives Beispiel: Wenn er mit seinen Kindern wandern geht, hat der Vater einen Rucksack mit, aber auch jedes der Kinder hat Regenjacke, Wasser und Proviant in einem eigenen kleinen Rucksack. So hat im Ernstfall auch jedes Kind die notwendigen Dinge immer bei sich. Ebenso sollte jede und jeder für sich und seine Familie vorsorgen und im Ernstfall dann auch seinen Nachbarn helfen. Damit sich das Bundesheer um die Versorgung jener kümmern kann, die sich selbst nicht versorgen können (wie Menschen in Altenheimen). Zivilschutz funktioniert nämlich nur, wenn sich „Vater Staat“ nicht um alles kümmern muss.

Gerhard Christiner, Vorstand der Austrian Power Grid (APG), erklärte die volatile Lage auf den aktuellen Strommärkten, die am Samstag davor zwischen 300 und 700 Euro pro Megawattstunde geschwankt ist. Das Ziel der europäischen Stromversorgung ist ein hundertprozentiger Anteil von Erneuerbaren. Das ist derzeit noch nicht möglich. Daher sieht Christiner den sparsamen Einsatz von Energie als die wichtigste Maßnahme zur unmittelbaren Absicherung der Versorgung. Die künftige Energiewelt ist eine erneuerbare. Das bedeutet, dass wenn wir keine fossilen Ressourcen verwenden wollen, werden wir uns an den Anblick von Windrädern und Photovoltaik-Anlagen gewöhnen müssen. Ebenso braucht es Akzeptanz zum Ausbau der Netze. Weil Strom-Importe werden ebenso nötig sein wie eine europäische Zusammenarbeit.

Stephan Pernkopf, Präsident des Ökosozialen Forums Österreich & Europa, erläuterte den Stufenplan für die Energielenkung und wies darauf hin, dass wir die Erneuerbaren ausbauen müssen, wenn wir uns vom russischen Gas unabhängig machen und gleichzeitig den Wirtschaftsstandort nicht gefährden wollen. Derzeit dauert die Bewilligung von Energieanlagen für sauberen Strom zu lang. Die Prüfung der Umweltverträglichkeit ist wichtig. Die allermeisten beeinspruchten Anlagen werden nach fünf bis zehn Jahren UVP-Verfahren positiv beschieden und bewilligt, womit sich ökologisch unbedenkliche Anlagen für saubere Energie sehr lange Zeit verzögern. Ein Umstand, der die rasche Umsetzung der Energiewende massiv behindert. Um hier zwischen ökologischen und klimapolitischen Anliegen zu vermitteln, schlägt Pernkopf einen „ökologischen Weisenrat“ vor, der auf Basis der Bewertung vergleichbarer Anlagen zu einer schnelleren Entscheidung bei unbedenklichen Anlagen kommt. So würde nur bei Anlagen, wo dies unklar ist, eine Prüfung über den ganzen Instanzenzug stattfinden.