Die Internalisierung externer Effekte mittels marktwirtschaftlicher Instrumente – die sicherstellt, dass sich Umwelt- oder soziale Kosten in den Produktpreisen widerspiegeln – zählt zu den Grundsäulen der Ökosozialen Marktwirtschaft, wie sie von Josef Riegler vor 30 Jahren formuliert wurde. Preise, die nur die privaten Kosten abbilden, gesellschaftliche Umweltkosten aber vernachlässigen, führen zu gesellschaftlich unerwünschten Auswirkungen. Unzureichende Kostenwahrheit führt beispielsweise zu einem zu geringen Preis für fossile Ressourcen im Vergleich zu den tatsächlichen gesellschaftlichen Kosten.

Dieses Problem ist heute so aktuell wie vor 30 Jahren. Durch die Klimaveränderungen, die wir heute schon sehen, und die Prognosen über künftige Auswirkungen, die alle gesellschaftlichen Bereiche (Gesundheit, Ernährung, Arbeit, Wirtschaft etc.) betreffen, stehen wir vor einer neuen Dringlichkeit zur aktiven Gestaltung einer Transfomation in Richtung Nachhaltigkeit. Durch die globalen Abhängigkeiten werden auch die Konsequenzen unseres Handelns globaler. Der Vertrag von Paris und die Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) zeigen eine gemeinsame globale Vision, wie eine hohe Lebensqualität für die Generation Klimawandel erreicht und erhalten werden kann.

Ein sozioökonomisches System, das den Herausforderungen des Klimawandels, der planetaren Grenzen und den ökonomischen und sozialen Bedürfnissen gleichermaßen Rechnung trägt, muss den entsprechenden Pfadabhängigkeiten durch geeignete Governance-Strukturen auf allen politischen Ebenen Rechnung tragen (global, national, regional). Die vorherrschenden Strukturen führen in vielen Bereichen zu einer Fehlallokation, sodass externe Kosten von Produktions- und Konsumprozessen an die Gesellschaft abgeschoben werden, während Gewinne und Nutzen vorwiegend in privater Hand bleiben. Dieses ökonomische Paradigma geht mit einem dominanten sozialen System einher, das vor allem auf materiellen Konsum als Grundlage für Wohlbefinden abzielt.

Das Problem des Auseinanderklaffens zwischen privaten und gesellschaftlichen Kosten kann verschärft werden, wenn sie zeitlich und räumlich versetzt auftreten. Dies schafft Herausforderungen für effektive regulatorische Rahmenbedingungen. Ein ökosozialer Ordnungsrahmen soll diese Lücke schließen. Dazu ist auf verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichen Maßnahmen anzusetzen. Angesichts der globalen Herausforderungen sollten solche Maßnahmen im Idealfall im internationalen Gleichklang und auf Basis einer internationalen Solidarität erfolgen. Eine Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen auf unserem Planeten liegt auch im Interesse aller.

Ein „Marshall Plan für Afrika“ zum Beispiel kann die Lebensqualität und Chancen der Menschen vor Ort erhöhen und damit auch Fluchtursachen reduzieren. Auch Handelsabkommen sollten künftig verstärkt ökologische und soziale Aspekte berücksichtigen, um einerseits allen Menschen menschenwürdige Arbeitsbedingungen zu garantieren und andererseits negative Umweltauswirkungen durch den internationalen Handel zu vermeiden und damit die wirtschaftlichen Vorteile durch unfaire Handelspraktiken zu minimieren.

Der Finanzsektor ist hier ein wichtiger Hebel. Der regulatorische Rahmen für den Finanzsektor soll gesellschaftlich wünschenswerte Entwicklungen fördern, während gleichzeitig die Finanzierung umweltschädigender Aktivitäten schwieriger werden soll. Green Finance macht Klimaverträglichkeit, Naturschutz sowie soziale Chancengerechtigkeit transparent und lenkt die wirtschaftlichen Interessen in ökonomisch und sozial nachhaltige Bahnen, da es schwieriger wird, Investitionen in ökologisch oder sozial problematische Kanäle zu lenken. Beispiele sind fossile Energieträger, Atomkraft oder Kinderarbeit.

Eine ökosoziale Steuerreform – etwa in Form einer Lenkungsabgabe – hat zum Ziel, die externen Kosten in den Konsum- und Produktionsentscheidungen widerzuspiegeln. Demgemäß würden die gesellschaftlichen Kosten, beispielsweise für die Nutzung fossiler Ressourcen, verursachungsgerecht zugeordnet. Nur wenn die tatsächlichen Kosten in die Entscheidungen privater Akteure einfließen, können marktbasierte Instrumente auch die gewünschten Effekte liefern. Eine umfassende gesellschaftliche Transformation, die von der Gesellschaft mitgetragen wird und langfristig Nachhaltigkeit fördert, wird nur gelingen, wenn dafür gesorgt wird, dass die Preise die richtigen Signale und Anreize senden und insoweit „die ökologische Wahrheit sagen“.

Eine notwendige Lenkungsabgabe als „steuerndes“ Element für Verbrauch und längerfristige Planungen muss durch einen entsprechenden sozialen Ausgleich abgefedert werden, um Akzeptanz zu finden. Gleichzeitig sind flankierende Maßnahmen notwendig, um eine Verlagerung von Schlüsselproduktionen und Industrien ins Ausland und Praktiken von Sozial- oder Umweltdumping zu vermeiden. In diesem Zusammenhang lohnt ein Blick auf vorbildliche Beispiele in anderen europäischen Ländern, die ihre Verantwortung derzeit besser als Österreich wahrnehmen. Von ihnen könnte man lernen. Gleichzeitig soll vor diesem Hintergrund eine aktive Vorreiterrolle entwickelt werden.

Die globale Komponente einer Steuerungsmaßnahme dieser Art muss durch entsprechende flankierende Maßnahmen abgesichert werden, um die Verlagerung von CO2-intensiven Prozessen in Länder mit geringeren ökologischen Standards zu vermeiden. Um dies sicherzustellen, ist Steuersolidarität auf europäischer Ebene sowie ein gemeinsames und WTO-konformes Vorgehen im Binnenmarkt (Grenzsteuerausgleich bzw. Border-Tax-Adjustment) vonnöten.

Darüber hinaus könnte eine Finanztransaktionssteuer Spekulationen weniger attraktiv machen, Volatilitäten reduzieren, der Bildung künstlicher Blasen am Finanzmarkt gegensteuern und diesen Markt stärker an die Realwirtschaft anbinden. Um den kostenintensiven Herausforderungen des Klimaschutzes zu begegnen, die nicht alleine von öffentlicher Hand getragen werden können, ist es essenziell, die Spielregeln so zu formulieren, dass der Finanzsektor die globalen Bemühungen zum Klimaschutz nicht behindert, sondern unterstützt. So stünden auch mehr Mittel für die Transformation von einer fossil basierten in eine „biobasierte“ Wirtschaft zur Verfügung. Gleichzeitig könnten die Kosten für die Anpassungen an nicht mehr vermeidbare Auswirkungen des Klimawandels gefördert und negative Entwicklungen abgefedert

werden.